Konferenz zur Zukunft Europas abgeschlossen
Am Europatag am 9. Mai 2022 ging der basisdemokratische Prozess der Konferenz zur Zukunft Europas zu Ende, der den Bürger*innen Europas über ein Jahr die Möglichkeit geben sollte, ihre Erwartungen an die EU zu äußern und eine größere Rolle bei der Gestaltung der Zukunft der Union zu spielen. Mit diesem Ziel wurden über das vergangene Jahr eine mehrsprachige digitale Plattform geschaffen sowie vier europäische Bürgerforen, sechs nationale Bürgerforen und sieben Plenarversammlungen organisiert. Bei der letzten Plenarsitzung am 29. und 30. April 2022 in Straßburg wurden 49 Vorschläge zu den Themenbereichen Klimawandel und Umwelt, Gesundheit, Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit, die EU in der Welt, Werte und Rechte, digitale Transformation, Europäische Demokratie, Migration sowie Bildung und Kultur angenommen.
Diese 49 durch die teilnehmenden Bürger*innen entwickelten Vorschläge enthalten mehr als 300 Maßnahmen und wurden im Rahmen einer Abschlusszeremonie am 9. Mai 2022 an die Präsident*innen der Konferenz zur Zukunft Europas und damit der Europäischen Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament übergeben. Die drei EU-Institutionen werden nun im Rahmen ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs und im Einklang mit den EU-Verträgen Möglichkeiten einer Umsetzung der Vorschläge sowie das weitere Vorgehen prüfen. Im erschienenen Bericht über das endgültige Ergebnis der Konferenz werden neben den 49 Vorschlägen samt Maßnahmen auch die Entstehungsgeschichte und Idee der Konferenz sowie die Abläufe zur Erarbeitung der Vorschläge und die Abstimmung in den verschiedenen Beteiligungsformen detailliert dargestellt.
Die 49 Vorschläge in den neun Themenbereichen sind teils sehr weitreichend und erfordern eine Änderung der EU-Verträge. Andere sich leichter umzusetzen. Mit Blick auf Kinder und Jugendliche sind die folgenden Vorschläge von besonderer Relevanz:
Vorschlag 9 – Ein breiteres Verständnis von Gesundheit: u. a. Verbesserung des Verständnisses von Problemen der psychischen Gesundheit und der Möglichkeit zu ihrer Bewältigung, auch schon in der frühen Kindheit und in der Frühdiagnose
Vorschlag 10 – Gleicher Zugang zur Gesundheit für alle: u. a Sicherstellung der Sicherstellung erschwinglicher Zahnpflege für alle innerhalb von 15 bis 20 Jahren
Vorschlag 14 – Stärkere Sozialpolitik: u. a. Einführung einer umfassenden Strategie zur Bekämpfung der Armut, die eine verstärkte Kinder- und Jugendgarantie, die Einführung von Mindestlöhnen, einen gemeinsamen EU-Rahmen für Mindesteinkommensregelungen und menschenwürdige Sozialwohnungen umfassen könnte
Vorschlag 15 – Demografischer Wandel, u. a.:
- Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, erschwinglichen und zugänglichen Kinderbetreuung in der gesamten EU, ggf. auch Kinderbetreuungsmöglichkeiten am oder in der Nähe des Arbeitsplatzes und eine Betreuung über Nacht
- Unterstützende Maßnahmen wie ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf für Kinder benötigte Ausrüstungsgegenstände
- Stärkung der Europäischen Garantie für Kinder, um Armut und soziale Ausgrenzung von Kindern zu verhindern
- Einführung einer spezifischen Unterstützung und eines Arbeitsschutzes für junge Menschen; Verstärkung der Jugendgarantie, um den Zugang junger Menschen unter 30 Jahren zu qualitativ hochwertigen Beschäftigungs-, Weiterbildungs‑, Lehrstellen- oder Praktikumsangeboten zu verbessern
- Verbesserung der Gesetzgebung und ihrer Umsetzung, um die Unterstützung von Familien sicherzustellen, z. B. in Bezug auf Elternurlaub sowie Geburts- und Kinderbetreuungsbeihilfen
Vorschlag 29 – Antidiskriminierung, Gleichstellung und Lebensqualität: u. a. Gewährleistung der Schaffung und Erleichterung erschwinglicher Kindergärten sowie kostenlose Kinderbetreuung für Bedürftige
Vorschlag 31 – Zugang zur digitalen Infrastruktur: u. a. Kindern, Familien, älteren Menschen und schutzbedürftigen Gruppen beim Zugang zu Internet und Hardware Priorität einräumen, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Bildung, öffentlichen Diensten und Gesundheit
Vorschlag 32 – Digitale Kompetenz und Fähigkeiten, die Menschen befähigen: u.a. Sicherstellung der Vermittlung digitaler Kenntnisse und Fähigkeiten in allen Lebensphasen mit besonderem Schwerpunkt auf u. a. der Bekämpfung digitaler Ungleichheiten und der Verbesserung der digitalen Fähigkeiten von Kindern in einer Weise, die mit ihrer gesunden Entwicklung vereinbar ist; zudem Einführung eines EU-Zertifikats für die Vermittlung von Kenntnissen in Schulen
Vorschlag 43 – Irreguläre Migration: Entwicklung EU-weiter Maßnahmen zur Sicherstellung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes aller Migrant*innen, insbesondere von Schwangeren, Kindern, unbegleiteten Minderjährigen und allen schutzbedürftigen Personen
Vorschlag 44 – Asyl, Integration: u. a. besondere Aufmerksamkeit für Schwangere, Kinder und insbesondere unbegleitete Minderjährige
Vorschlag 47 – Europäische Jugendfragen, u. a.:
- EU und ihre Mitgliedstaaten müssen sich in allen relevanten Politikbereichen auf die spezifischen Bedürfnisse junger Menschen konzentrieren; Jugendorganisationen kommt eine entscheidende Rolle zu
- Schaffung von mehr Möglichkeiten und Förderung bestehender Programme zur Beteiligung junger Menschen an den demokratischen Prozessen und an der Entscheidungsfindung auf allen Ebenen, auch durch die Organisation von Bürgerforen in Schulen, an denen Kinder im Alter von beispielsweise zehn bis sechzehn Jahren teilnehmen können
- Erörterung der Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament ab dem Alter von 16 Jahren, parallel zu einer Verbesserung der politischen Bildung und der Bildung in Bezug auf die EU
- Umfangreichere EU-Finanzierung im Rahmen von NextGenerationEU für die Umsetzung der verstärkten Europäischen Jugendgarantie; für eine möglichst wirksame Umsetzung der Jugendgarantie sollten nationale Regierungen in engem Dialog mit Jugendorganisationen stehen
- Sicherstellung eines angemessenen Lebensstandards für junge Menschen, einschließlich des Zugangs zu Sozialschutz und Wohnraum