Trägerschaft der AGJ für das Projekt ISP/CIP endete 2013
Nach 38 Jahren endete im September 2013 die Trägerschaft der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe AGJ für das Projekt „Internationale Fachkräfteprogramme ISP/CIP“. Demgemäß wurden bei der – AGJ zu diesem Zeitpunkt die Aktivitäten des Internationalen Studienprogramms für Fachkräfte der Jugendhilfe und der Sozialen Arbeit – ISP sowie des Programms „Council of International Programs – CIP – USA“, früher auch unter dem Namen „Cleveland-Programm“ oder „Ollendorff-Programm“ bekannt, abgeschlossen.
Die Bilanz der Arbeit der AGJ über diesen langen Zeitraum kann sich sehen lassen. Es handelte sich in beiden Fällen um sehr spezialisierte sowie intensiv betreute Langzeit-Fachkräfteprogramme. Im Verlauf der Jahrzehnte haben am ISP-Programm unter der Führung der AGJ ca. 700 Fachkräfte aus 50 Ländern teilgenommen. Für das CIP-Programm kann von einer Gesamtteilnehmerzahl von mehr als 800 ausgegangen werden. Diese Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe profitierten im Inland (ISP) wie im Ausland (CIP) sowohl professionell als auch persönlich von den Programmen. Das erworbene Know-how wurde weiterentwickelt und in die berufliche Praxis eingebracht. „Die nachhaltige Wirkung dieser Programme für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe ist unbestritten“, äußerte eine ehemalige Teilnehmerin des USA-Programms, die selbst jahrelang nebenberuflich im internationalen Austausch tätig war, weil sie etwas von dem zurückgeben wollte, was sie in ihrem Programm bekommen hatte.
Man kann davon ausgehen, dass nahezu jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer mit konkreten Ideen und Plänen von einem Programm zurückgekommen ist, die er/sie in seinem/ihrem Land bzw. in der Praxisstelle weiterentwickeln und umsetzen wollte und vielfach umgesetzt hat. Das kreative Potenzial, das bei einer Programmteilnahme entsteht, wird – so steht es in den meisten Sachberichten der CIP-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer – in der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe allerdings noch zu wenig ausgeschöpft, weil Transferstrukturen und -abläufe nicht von selbst entstehen, sondern auch überlegt sein wollen und bewusst geschaffen werden müssen. Hier wären noch Reserven auszuschöpfen, die bisher im Alltagsgeschäft untergehen oder nur auf individueller Ebene zum Tragen kommen.
Mit Blick auf das ISP haben die ausländischen Kolleginnen und Kollegen, die im Rahmen dieses Programms bei Trägern der öffentlichen und der freien Jugendhilfe ihren Praxiseinsatz von jeweils sechs Wochen in den ISP-Partnerstädten Deutschlands verbringen konnten, den deutschen Kolleginnen und Kollegen regelmäßig die Möglichkeit gegeben, Erfahrungen aus ihrer beruflichen Praxis mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern Europas zu teilen, zu diskutieren und zu reflektieren. Das ISP war also ein ausgezeichnetes Beispiel für die Umsetzung professionellen nicht-formalen Lernens von Fachkräften für Fachkräfte, wobei immer beide Seiten lernen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Kolleginnen und Kollegen, die sie in den Praxisstellen betreuen und eine Mentoren- bzw. Mentorinnenfunktion wahrnehmen. Ferner bedeutet die Tatsache, dass das Lernen im Rahmen eines europäischen Erfahrungsaustausches in einer deutschen Kommune stattfandt, einen wichtigen Schritt in der Umsetzung der Jugendh(hilfe)politik in Europa durch die Professionellen in diesem Arbeitsfeld selbst. Die europäische Politik kam so an der Basis an.
Die professionelle und kontinuierliche Arbeit der AGJ hat in den vergangenen 38 Jahren auch dank der vielfältigen Kooperationen der AGJ-Mitgliedsverbände und ihrer Kooperationspartner die Programme ISP und CIP wesentlich weiterentwickeln und sie außerdem den jeweiligen Erfordernissen der aktuellen fachpolitischen Entwicklungen anpassen und teilweise neu ausrichten können. Dies und das Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und der vielfältigen Betreuerinnen und Betreuer, Mentorinnen und Mentoren war im Grunde das Geheimnis der Langlebigkeit dieses Projektes.
Die Kinder- und Jugendhilfe sollte sich anlässlich des Trägerwechsels deswegen der Tatsache bewusst sein, dass der internationale Fachkräfteaustausch – sei es mit den USA – oder auf europäischer Ebene, eine wichtige Quelle der professionellen Weiterentwicklung von Fachkräften und Organisationen ist, die insbesondere in Zeiten wachsender Globalisierungsprozesse und Migrationsbewegungen überlebensnotwendig ist, da sie neben anderen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen das Handwerkszeug zur Verfügung stellt, den aktuellen Anforderungen von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien entsprechen zu können.
Zum Ende der Trägerschaft der AGJ für das Projekt ISP/CIP gab es eine ausführliche Dokumentation. Der Leitgedanke der Dokumentation war, durch eine dichte Beschreibung der Programminhalte, -standards und -abläufe künftigen Programmentwicklern und -gestaltern Anknüpfungspunkte und Erfahrungen zur Verfügung zu stellen.
Der Grund dafür, dass diese Programme nicht mehr bei der AGJ geführt wurden, lag in der Neustrukturierung und Bündelung internationaler jugendpolitischer Maßnahmen im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – BMFSFJ, in dessen Auftrag die AGJ beide Fachkräfteprogramme durchführte.
Da sich auch das BMFSFJ von der nachhaltigen Wirkung des Projektes ISP/CIP aufgrund der kompetenten Durchführung in der AGJ überzeugen konnte, war es ihm ein wichtiges Anliegen, weiterhin die Potenziale dieser Programme für das Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe nutzbar zu machen.
So entschied das Ministerium, künftig mit der weiteren Durchführung des CIP die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zu beauftragen, wo im Zusammenhang mit einem anderen internationalen Berufstätigenaustausch mit den USA Synergieeffekte zum Tragen kommen. Die Potenziale des ISP-Programms sollten in Zukunft im Rahmen der Multilateralen Kooperationsprojekte, die von Jugend für Europa/IJAB durchgeführt werden, als Praxismodule Eingang finden.
Von daher werden in der AGJ keine Bewerbungen für das ISP- und das CIP-Programm aus dem In- und Ausland mehr entgegen genommen.
Die AGJ möchte an dieser Stelle allen Projektpartnern im Inland wie im Ausland herzlichen Dank sagen für die außerordentlich professionelle und fruchtbare Kooperation, die Unterstützung und das Engagement, das teilweise über Jahrzehnte und meist in ehrenamtlicher Tätigkeit erfolgte, und ein Geheimnis des Erfolges dieser Programme war.