Youthless Policy Is Useless Policy – Beitrag des Advisory Council on Youth für das 4. Gipfeltreffen des Europarats
Der Europarat, der sich als eine der ältesten und führenden gesamteuropäischen Organisationen für die Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa einsetzt, wird am 16. und 17. Mai 2023 in Reykjavik, Island, ein 4. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschef*innen abhalten. In Vorbereitung dieses Gipfeltreffens ersuchte der Europarat um Beiträge aller Akteur*innen (darunter internationale Organisationen, nationale Menschenrechtseinrichtungen, zivilgesellschaftliche Organisationen, Forschungszentren, politische Entscheidungsträger*innen, Wissenschaftler*innen, Anwält*innen sowie Menschenrechtsaktivist*innen). Die Beiträge konnten thematisch beispielsweise den Umgang mit künftigen Herausforderungen, die russische Aggression in der Ukraine sowie die Modernisierung des Europarats betreffen.
Der Advisory Council on Youth (CCJ) – dem 30 junge Menschen aus Jugendverbänden, Jugendvertretungen oder Jugendnetzwerken angehören, denen das Ministerkomitee des Europarates ein jeweils zweijähriges Mandat erteilt – reichte ebenfalls einen Beitrag ein. Der Text ist als Antworten auf fünf Fragen in fünf Teile unterteilt, die im Folgenden vorgestellt werden.
Der erste Teil mit dem Titel „Youthless Policy Is Useless Policy” befasst sich mit Werten als Fundament des Europarats. Um der Rolle der führenden Organisation für Fragen der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in Europa gerecht zu werden, müsse der Europarat seine Bemühungen verstärken, um die europäische Bevölkerung zu erreichen und für sie relevant zu bleiben. Junge Menschen seien unterrepräsentiert in der Organisation und nicht anwesend, wenn Entscheidungen getroffen würden, die ihr Leben und das Leben zukünftiger Generationen, beeinflussten. Die Perspektive junger Menschen werde nur auf besondere Einladung der Gremien der Organisation einbezogen. Tatsächlich sollten jedoch keine Diskussionen ohne junge Menschen stattfinden, wenn die daraus resultierenden Entscheidungen sie beträfen. Nur so könne den Herausforderungen, denen sich Europa gegenübersieht, begegnet werden.
Das Co-Management-System im Jugendbereich des Europarats werde in den Mitgliedstaaten des Europarats und über die Grenzen der Organisation hinaus immer wieder als eine der inklusivsten Praktiken partizipativer Demokratie gerühmt, so der Text des Advisory Council on Youth weiter. Dieses System sieht vor, dass der Advisory Council on Youth die gleichen Stimmen hat wie das European Steering Committee for Youth (CDEJ) in jugendpolitischen Entscheidungen. Das kommende Gipfeltreffen sei eine Gelegenheit, die Nutzung dieses Systems auf andere Gremien des Europarats auszuweiten.
Im zweiten Teil des Texts wird unter dem Titel „Defining Leadership for Peacebuilding“ die Rolle des Europarats im Kontext des russischen Angriffs auf die Ukraine thematisiert. Junge Menschen hätten ein Recht auf ein Leben in Frieden und der Europarat – ursprünglich als ein Friedensprojekt gegründet – sei auch in der Antwort auf den Krieg von großer Bedeutung, beispielsweise durch das Projekt „Youth for Democracy in Ukraine“ der Jugendabteilung, das Youth Worker*innen bei der Bewältigung der durch den Krieg entstehenden Herausforderungen unterstütze. Ferner müsse der Europarat die Führungsrolle im Bereich Resilienz und Friedenskonsolidierung übernehmen und junge Menschen in ebensolchen Bemühungen unterstützen. Zu Friedenskonsolidierung zählten dabei nicht nur Konfliktentschärfung, sondern auch Prävention durch u. a. Menschenrechtsbildung und interkulturelles Lernen.
Der dritte Teil des Texts steht unter der Überschrift „How much are democracy, human rights and the rule of law worth?”. Junge Menschen seien von allen Herausforderungen, denen sich Europa gegenübersehe, betroffen, und alles, was der Europarat tue, habe Auswirkungen auf junge Menschen. Diese jungen Menschen hätten einzig ihr Alter gemeinsam und könnten sonst sehr verschiedenen Gruppen angehören. Aus diesem Grund müsse die bisherige Strukturierung der Abteilungen des Europarats, die eine Trennung verschiedener Themen vorsehe und damit begrenzte Wirkungskraft der Arbeit bedeute, zugunsten eines umfassenden intersektionalen Ansatzes verändert werden. Zudem müssten Budgetfragen gestellt werden – für das Jahr 2022 habe das Budget des Europarats nur 0,26 % des EU-Budgets betragen. Ein Ausgleich könne beim Gipfeltreffen geschaffen werden.
Der vierte thematische Block des Texts gilt dem „Ground-Breaking Support to Future Generations“, den der Europarat u. a. durch bedeutungsvolle Jugendbeteiligung bietet. Die so geschaffenen Standards müssten aufrechterhalten und – angesichts der unverbindlichen Soft-Law-Praktiken des Europarats – ihre Umsetzung überprüft und evaluiert werden. Darüber hinaus, so der Advisory Council on Youth, sollte diese Unverbindlichkeit im Jugendbereich überdacht und eine Jugendkonvention („Convention on Youth“) des Europarats in Erwägung gezogen werden. Dazu sollte eine Machbarkeitsstudie gestartet werden, die u. a. die Rechte junger Menschen auf soziale Inklusion, Beteiligung und Unabhängigkeit abdeckt.
Der letzte Teil des Texts trägt den Titel „A Future-Oriented, Valued-Driven Institution“ und formuliert die Notwendigkeit, Informationen und Materialien des Europarats zugänglich und verständlich zu gestalten, sodass die europäische Öffentlichkeit erreicht werden kann. Während der Europarat aus einer Jugendperspektive die führende Institution für die Vernetzung, Entwicklung und Unterstützung von Jugendorganisationen sei, gelte dies nur für diejenigen, denen der Europarat bekannt ist. Deshalb müsse die Kommunikation dringend innovativer und moderner gestaltet werden. Eine Modernisierung des Europarats bedürfe dabei weitere Investitionen und sei inkompatibel mit einem Streben nach (zu viel) Effizienz.