Vielfalt. Kind. Gerecht. Gestalten.
Interkulturalität, Vielfalt und Demokratieerziehung in der Kindertagesbetreuung
Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Einleitung
Die Vielfalt unserer Gesellschaft spiegelt sich im Alltag von Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege wider. Es sind Orte frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung, die gleichermaßen von Jungen, Mädchen, Kindern aus bildungsnahen und –fernen Familien mit oder ohne Migrationshintergrund und aus unterschiedlichen Familienkonstellationen besucht werden. Auch Kinder mit Fluchterfahrungen kommen zunehmend dort an. Insgesamt hat mehr als jedes dritte Kind unter 14 Jahren einen Migrationshintergrund. Mehr als ein Viertel der 3,4 Millionen Kinder, die 2016 in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege betreut wurden, hat mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft.[1] Nur wenig statistische Daten gibt es bisher in Bezug darauf, wie viele Kinder aus Familien mit Fluchterfahrung sich in Kindertageseinrichtungen befinden, da dieses Merkmal zum Beispiel in der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe nicht erfasst wird[2]. Es wird davon ausgegangen, dass sich zum Stichtag 31. Juli 2016 insgesamt 645.731 Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung in den Altersgruppen von null bis 27 Jahren in Deutschland aufhielten. Davon entfielen auf die Altersgruppe von null bis zwei Jahren 46.153 und auf die Altersgruppe von drei bis fünf Jahren 55.505 Kinder.[3] In Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegestellen können kulturelle Vielfalt, habituelle Unterschiede und Sprachbarrieren Berührungsängste zwischen Kindern, Eltern, Fachkräften und Kindertagespflegepersonen hervorrufen. Vielfalt als Ressource zu begreifen und für die soziale und pädagogische Arbeit im Alltag zu nutzen, ist herausfordernd. Vor allem wenn gleichzeitig damit einhergehende Spannungen und Konflikte moderiert werden müssen. Dies wird pädagogischen Mitarbeitenden und Leitungskräften in diesem Kontext besonders deutlich bewusst. Das Wissen über gesellschaftliche Strukturen und die Einstellung zur Bildung und Erziehung von Kindern in anderen Ländern kann pädagogischen Fachkräften helfen, die eigene Haltung und damit auch die Qualität der pädagogischen Arbeit weiterzuentwickeln. Gleichzeitig sind sie gefordert, sich mit ihrem eigenen Verständnis von Vielfalt in einem demokratischen Wertesystem auseinanderzusetzen. Es gilt, Identitätsbegriffe und eigene Wertvorstellungen vor dem Hintergrund einer sich verändernden Gesellschaft zu reflektieren und die Umsetzung des Bildungsauftrages im pädagogischen Alltag immer wieder neu zu hinterfragen.
Mit diesem Positionspapier will die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ die wesentlichen Entwicklungsnotwendigkeiten im System der Kindertagesbetreuung im Kontext von Vielfalt und Interkulturalität deutlich machen, Ansätze für ein wertschätzendes Miteinander skizzieren und damit vor allem Fach- und Leitungskräfte in der Kindertagesbetreuung in ihrem Handlungsrepertoire unterstützen.
Vielfalt in der Kindertagesbetreuung Rechnung tragen.
Der Begriff der Vielfalt ist nicht mehr zu trennen von dem der Inklusion. Inklusion und Kultur sind im fach- und gesellschaftspolitischen Diskurs emotional aufgeladene, nicht eindeutig definierte Begriffe. Die diesem Positionspapier zugrundeliegenden Begriffsbestimmungen sollen im Folgenden kurz erläutert werden:
Der Begriff Inklusion beschreibt konzeptionell eine Gesellschaft, in der jeder Mensch gleichermaßen akzeptiert und Vielfalt geschätzt wird. Alle Menschen sollen – unabhängig von Geschlecht oder Gender, Alter, Herkunft oder Migrationshintergrund, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung, Bildung oder sozialer Lebenslage, von eventueller körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung sowie sonstigen individuellen Besonderheiten oder sozialen Zuschreibungen – an dieser Gesellschaft gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben können. Behinderung ist nach diesem Verständnis keine Eigenschaft, die einer Person innewohnt, sondern entsteht erst durch eingeschränkte Teilhabe, die ein Mensch im Kontext seiner Umwelt erfährt.[4]
Innerhalb der Dimensionen von Vielfalt wird der Begriff Kultur oft mit dem Herkunftsort gleichgesetzt oder über künstlerische und zivilisatorische Leistungen und menschliche Errungenschaften definiert. Diese Definitionen würden die Tatsache vernachlässigen, dass auch innerhalb verschiedener Länder große kulturelle Unterschiede bestehen und Kultur nicht auf künstlerische Aspekte und Leistungen begrenzt werden kann. Das Zusammenleben, die Kommunikation und Interaktion von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Deutungs- und Verhaltensmustern, kann als Interkulturalität verstanden werden. Wie diese Kommunikation geführt wird, hängt von den interkulturellen Kompetenzen der betroffenen Akteure ab.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ ist sich bewusst, mit ihrem Inklusionsbegriff Differenzkategorien aufzugreifen und damit Menschen vulnerablen und von Ausgrenzung bedrohten Gruppen zuzuordnen. Jedes Kind muss im pädagogischen Alltag der Kindertagesbetreuung individuell betrachtet, individuell gefördert und gleichwertig akzeptiert und wertgeschätzt werden. Der hier verwendete Inklusionsbegriff soll die Akzeptanz und Wertschätzung aller Menschen und die Ermöglichung ihrer Teilhabe an der Gesellschaft im Prozess der gesellschaftlichen Inklusion verdeutlichen und zur Wahrnehmung von Differenzfixierung ebenso wie von Differenzblindheit sensibilisieren.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ unterstreicht, dass Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegepersonen mit Blick auf die wachsende Vielfalt und Heterogenität in der Gesellschaft interkulturelle Kompetenzen brauchen. Die Fähigkeit, in Situationen kultureller Vielfalt effektiv und angemessen zu agieren, wird durch Einstellungen und Haltungen, emotionale Aspekte, (inter-)kulturelles Wissen, spezielle Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie allgemeine Reflexionskompetenz befördert. Es bedarf der Qualifizierung und der Schaffung von Unterstützungsstrukturen, die die kritische Reflexion des eigenen Handelns und den offenen Diskurs zu Haltungsfragen befördern. Vorurteile lassen sich nicht einfach auflösen, sie müssen bewusst wahrgenommen und im Kontext der eigenen pädagogischen Arbeit reflektiert werden. Nur so können Fachkräfte in Kindertages-einrichtungen und Kindertagespflegepersonen eine vorurteilsbewusste Haltung entwickeln und durch ihr Handeln entsprechende Entwicklungsprozesse bei Kindern, ihren Familien und auch bei ihren Kolleginnen und Kollegen anstoßen und befördern.
Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung stärken.
Einhergehend mit gesellschaftlichen Veränderungen hat sich Kindertagesbetreuung in den vergangenen Jahren enorm verändert. Anerkennung auf der einen und Erwartungshaltung und Ansprüche auf der anderen Seite sind erheblich gestiegen. Kulturelle Vielfalt gehört heute selbstverständlich zum Alltag in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Das bezieht sich nicht nur auf unterschiedliche kulturelle Herkunft, sondern auch auf vielfältige unterschiedliche individuelle, soziale und familiäre Hintergründe der zu betreuenden Kinder. Heterogenität wird auch in den Teams von Kindertageseinrichtungen angestrebt. Bisher sind diese jedoch noch sehr homogen: Zum Beispiel liegt der Anteil Erwerbstätiger mit Migrationshintergrund in der Frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung bei 11%. 4% besitzen keine deutsche Staatsbürgerschaft. Damit liegt dieser Anteil deutlich niedriger als auf dem Gesamtarbeitsmarkt (18%), der insgesamt in Hinblick auf Erwerbstätige mit Migrationshintergrund sehr unterschiedlich strukturiert ist. Pädagogische Fachkräfte mit Migrationshintergrund sind somit deutlich unterrepräsentiert im Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung.
Mit Vielfalt umzugehen, sie als Querschnittsaufgabe zu begreifen und als solche in die pädagogische Arbeit einzubeziehen und damit Kinder auf das Leben in einer kulturell heterogenen Gesellschaft vorzubereiten, ist Aufgabe der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegepersonen. Bei dieser herausfordernden Aufgabe ist die Zusammenarbeit mit Eltern von zentraler Bedeutung für die vorurteilsbewusste Arbeit. Ausgangspunkt der pädagogischen Arbeit sollte das konkrete Alltagserleben der Kinder und ihrer Familien sein. Eltern sind die wichtigsten Bindungspersonen der Kinder und deshalb die wichtigsten Partner im Bildungs- und Erziehungsprozess.
„Eine Vielzahl von Angeboten in der sozialpädagogischen Aus- und Fortbildung geht davon aus, dass der kompetente Umgang mit kultureller Vielfalt eine Schlüsselqualifikation für pädagogisches Handeln in der Einwanderungsgesellschaft bzw. der globalisieren Welt im 21. Jahrhundert sei.“[5]
Eine entscheidende Bedeutung haben damit die in der Kindertagesbetreuung tätigen pädagogischen Fachkräfte und auch die Kindertagespflegepersonen. Sie tragen eine besondere Verantwortung und brauchen deshalb Unterstützung. Die Anforderung, die pädagogische Praxis diversitätsbewusst und diskriminierungskritisch zu gestalten, ist hoch.
Interkulturelle Kompetenz setzt Grundlagenwissen, persönliche Fähigkeiten und Einstellungen wie Fertigkeiten und Methoden voraus, um in Situationen kultureller Vielfalt kompetent handeln zu können. Wissen alleine reicht nicht. Persönliche Einstellungen und Haltungen ändern sich nicht allein durch Appelle und Kataloge theoretischer Anforderungen, die es zu erfüllen gilt. Vermieden werden muss vielmehr, dass das Wissen über andere Kulturen zu Stereotypisierungen und Vertiefung kultureller Fremdheit (Kulturalisierung und Ethnisierung) führt. Der Anti-Bias-Ansatz zeigt auf, wie vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in der pädagogischen Praxis gelingen kann. Er bezieht alle Vielfaltaspekte ein, die im Leben von Kindern bedeutsam sind und orientiert sich an vier Zielen:
1. Identität stärken
Kinder identifizieren sich mit ihren sozialen Gruppen, primäre Bezugsgruppe ist die Familie. Pädagogische Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen müssen wissen, was die Lebenswirklichkeit der Bezugsgruppe von Kindern ausmacht. Wenn diese anders ist als die eigene Lebenswirklichkeit, müssen „blinde Flecken“ eingestanden werden. Sonst besteht die Gefahr, Vorurteilen aufzusitzen und sie zu reproduzieren. Die Lebenswirklichkeiten anderer müssen erlebbar sein und über das Informieren weit hinausgehen, sodass Empathie für andere Lebenssituationen entstehen kann.
2. Erfahrungen mit Vielfalt ermöglichen
Vielfalt muss für Kinder erfahrbar sein. Die Thematisierung von Unterschieden muss Kinder kognitiv und sprachlich herausfordern, sie zum Vergleichen und Differenzieren anregen. Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung ermutigt Kinder, unbefangen mit Unterschieden umzugehen und sich mit ihnen wohlzufühlen. Vielfalt muss im Alltag in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege gelebt werden.
3. Kritisches Denken über Vorurteile und Diskriminierungen anregen
Pädagogische Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen, die sich der eigenen Vorurteile bewusst sind, setzen sich gegen Vorurteile und Diskriminierung ein. Das setzt Reflexion und Klärung der eigenen Haltung voraus, um Vorurteilen wie z.B. dem, dass Mehrsprachigkeit Kinder kognitiv überfordert, kritisch und pädagogisch adäquat zu begegnen.
4. Kinder unterstützen, sich gegen Diskriminierung zu wehren
Kinder müssen erfahren können, dass es sich lohnt, sich gegen Diskriminierungen zu wenden. Sie haben oftmals ein eigenes Verständnis von Fairness und Gerechtigkeit. Das erfordert Mut, denn oftmals ist es leichter, Missstände und Ungerechtigkeiten zu relativieren und hinzunehmen. Deshalb brauchen Kinder Unterstützung für ihre Haltung und ihr Engagement.
Pädagogische Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen können entscheidend dazu beitragen, für eine Lernumgebung zu sorgen, die gesellschaftliche Abwertung und Ausgrenzung nicht bekräftigt, sondern hinterfragt und herausfordert. Niemand ist frei von Vorurteilen. Wichtig ist aber, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, zu reflektieren, was sie bewirken und wie sie sich auswirken. Das bedeutet für Diskriminierung und deren Folgen sensibler zu werden und dem entgegenzuwirken. Solche Selbstreflexion als Reflexion der eigenen Praxis muss im Team der Kindertageseinrichtung, im fachlichen Austausch der Kindertagespflegepersonen auch mit Fachberatungen erfolgen. Durch das Einbeziehen unterschiedlicher Sichtweisen kann die Reflexion differenzierter und vor allem handlungswirksamer werden. Dies trägt dazu bei, Entscheidungen zur Veränderung der Praxis zu begründen und verbindlich zu machen. Voraussetzung hierfür ist eine fachliche Verständigung im Team und/oder mit der Fachberatung. Diese kann sich nur entwickeln durch die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Zielen und Vorgehensweisen, durch das Beleuchten von Theorien und Begriffen, mit dem Ziel eines gemeinsamen Verständnisses im Team oder mit der Fachberatung sowie im Austausch mit anderen z.B. vertretenden Tagespflegepersonen.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ regt an, dass Leitungskräfte in enger Zusammenarbeit mit ihren Teams und den zuständigen Fachberatungen Konzepte für die Elternarbeit im Zusammenhang mit dem Anspruch von vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung entwickeln. Nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern kann das Alltagserleben der Kinder und ihrer Familien zum zentralen Ausgangspunkt pädagogischen Handelns werden und die vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung der Kinder befördern. Dazu brauchen pädagogische Fachkräfte, Kindertagespflegepersonen und Leitungskräfte die Möglichkeit, sich durch Fortbildungen zunächst selbst zu bilden und die eigene Haltung zu reflektieren. Der Anti-Bias-Ansatz kann hier als eine Möglichkeit der Fortbildung in diesem Kontext genannt werden. Er kann jedoch nur mit einer fachlichen Verständigung und kontinuierlicher Auseinandersetzung im Team über vorhandene Vorurteile und Ausgrenzungstendenzen untereinander und in der Gruppe der Eltern und Kinder wirksam werden.
Demokratie ermöglichen und von klein auf umsetzen.
Im Kontext der Etablierung der Kindertagesbetreuung als Ort elementarer Bildung rückte die Bedeutung von Demokratieerziehung auch als Auftrag frühkindlicher Bildung, Erziehung und Betreuung nicht nur aufgrund der aktuellen Zuwanderungssituation in den Fokus der pädagogischen Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen. Vor dem Hintergrund der 1992 von Deutschland ratifizierten Kinderrechtskonvention, die Kindern u.a. das Recht auf Beteiligung an allen sie betreffenden Entscheidungen zugesteht, wurde die Bedeutung von Demokratieerziehung in den letzten Jahren immer stärker hervorgehoben. Frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung als elementarer Teil des deutschen Bildungssystems hat den Auftrag, Kinder grundlegend zu demokratisch handelnden Menschen zu erziehen. Aufgrund der aktuellen Zuwanderungssituation hat die Bedeutung der Demokratieerziehung für die pädagogischen Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen eine weitere Dimension erfahren. Vielfalt wird im pädagogischen Alltag nicht nur als Ressource, sondern z.B. im Kontext extremistischer und rassistischer Tendenzen in der Gesellschaft als wachsende Herausforderung erlebt. So ist es für Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und für Kindertagespflegepersonen anspruchsvoll, pädagogisch auf diese Herausforderungen zu wirken und/oder präventiv und aufklärend auf jedwede Ausgrenzungstendenz reagieren zu müssen. Demokratische Grundwerte wie die Gleichwertigkeit aller Menschen und Lebensformen, die Religionsfreiheit und die Trennung von Staat und Kirche kollidieren am konkreten Einzelfall mit sozial, kulturell und/oder religiös begründeten Exklusions- und Selektionstendenzen. In der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern verbindet sich für die pädagogischen Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen der Bildungsauftrag mit dem gesellschaftspolitischen Anliegen, die Integration der ganzen Familie mit zu befördern. Dieser immensen Herausforderung stellen sich pädagogische Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen jeden Tag aufs Neue. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass sich Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen eine reflexive und offene Haltung aneignen und das Konzept der Menschenrechtsbildung in ihrem alltäglichen Handeln berücksichtigen. Leitungskräfte sollten den Ansatz der Menschenrechtsbildung befördern und im Trägerleitbild verankern.
Demokratieerziehung schafft über die Vermittlung von Wissen und das konkrete Einüben demokratischer Praktiken ein Bewusstsein für allgemeingültige Werte und Normen unserer Gesellschaft. Dabei darf sich ihre Umsetzung in der Kindertagesbetreuung nicht auf die Installation formaler Beteiligungsinstrumente beschränken, auch wenn dies spätestens seit der diesbezüglichen Konkretisierung in §45 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII ein wichtiger Umsetzungsaspekt ist. Demokratieerziehung kann nur gelingen, wenn Kinder die Erfahrung machen, dass sie als Person, ihre Mitbestimmung und ihr Mithandeln ernst genommen und gewollt werden und konkrete Auswirkungen auf ihre Lebens- und Erfahrungswelt haben. Nur so können Kinder ihr demokratisches Handeln auch als folgenreich und selbstwirksam erleben. Demokratie-erziehung ist im besten Sinne Menschenrechtsbildung und folgt dem Ansatz des hierarchiefreien gemeinsamen Lernens. Sie wirkt sowohl auf die pädagogischen Fach- und Leitungskräfte in der Kindertagesbetreuung, die Wissen methodisch aufbereitet anbieten, als auch auf die Zielgruppe der Kinder und ihrer Familien. Der erfahrungsbasierte Lernprozess betont die Bedeutung der Kombination von Wissen und Erwerb einer verantwortungs-bewussten Haltung im Interesse der Förderung einer demokratischen Kultur im System der Kindertagesbetreuung.
Kinder erfahren, dass das Wahrnehmen von Rechten die Pflicht zur Übernahme von Verantwortung impliziert – für das eigene Handeln ebenso wie in der Achtsamkeit gegenüber der/dem Nächsten und der Gesellschaft. In der täglichen Arbeit werden demokratische Werte und Normen wie zum Beispiel Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Achtung und Respekt, Gewaltfreiheit und Gemeinschaft praktisch erfahrbar gemacht. So wird den Kindern früh vermittelt, die Gleichwertigkeit eines jeden Menschen und seine (Menschen-)Würde anzuerkennen. Methodische Ansätze zur Förderung von Partizipation, Diskriminierungsschutz, Verantwortungsübernahme und Autonomie oder Geschlechtergerechtigkeit beinhalten wichtige Elemente der Demokratieerziehung. Bildung in diesem Zusammenhang meint sowohl formale Wissensvermittlung über individuelle Rechte und die Möglichkeiten ihrer Inanspruchnahme als auch den Erwerb von Handlungskompetenz im Rahmen der notwendigen Aushandlungsprozesse.
Die Auseinandersetzung mit allen Formen von Extremismus, mit allen Formen von Anfeindungen gegenüber zugewanderten Menschen, Gewalt und Intoleranz wird unterstützt durch die verstärkte Auseinandersetzung mit der Geschichte, den politischen und gesellschaftlichen Systemen in Europa sowie in den Herkunftsländern der Geflüchteten. Wichtig ist die Kontextualisierung, die ein Erleben und die konkrete Thematisierung demokratischer Grundwerte möglich macht. Dies methodisch aufzubereiten – sowohl für die Kinder unterschiedlicher Entwicklungsstufen als auch für Eltern mit vielfältigen Sozialisationserfahrungen – ist die Herausforderung, vor der Fach- und Leitungskräfte und Kindertagespflegepersonen sowie Fachberatungen stehen.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ fordert Fach- und Leitungskräfte, Kindertagespflegepersonen, Träger und Fachberatungen auf, dem hohen Stellenwert von Demokratieerziehung und Menschenrechtsbildung für die Kindertagesbetreuung in ihrer Arbeit Rechnung zu tragen. Um auf Ausgrenzungs-tendenzen im Alltag pädagogisch sinnvoll reagieren zu können, brauchen pädagogische Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen Wissen über Demokratieerziehung und ihre Methoden, grundlegende Kenntnisse über die politische und soziale Lage in Regionen, aus denen Menschen fliehen, sowie rhetorische Fähigkeiten und Methoden, um Vorurteilen souverän begegnen zu können, extremistische und rassistische Aussagen zu entkräften und eine Reflexion anzustoßen. Politik, Träger und Leitungskräfte sieht die AGJ in der Pflicht, die notwendigen Unterstützungssysteme bereitzustellen.
Geschützte Räume und Handlungsmöglichkeiten schaffen.
Es geht um das bewusste Erleben, das Üben demokratischer Praktiken und um die Verhandlung der Frage, wie weit die Rechte jeder/s Einzelnen reichen und was zu tun ist, wenn das Recht des einen mit dem der anderen zu kollidieren droht. Das beginnt beim Streit um das Lieblingsspielzeug und geht über gemeinsame Entscheidungen z.B. zur Ausgestaltung des Gruppenraumes/der Kindertagespflegestelle oder zum Ziel eines Ausfluges hin zu Elterngesprächen um methodische und wertebasierte Erziehungsfragen im Rahmen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Akzeptanz gleichberechtigten Seins, unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiösen oder politischen Anschauungen ist sowohl Basis als auch Ziel demokratischer Bildungsprozesse. Die Erfahrung, dass es zur Klärung des aus einer solchen Situation entstehenden Konfliktes nicht der Abgrenzung, sondern eines moderierten Prozesses bedarf, braucht geschützte Räume – sowohl für die konkrete Arbeit mit Kindern und Familien als auch für die notwendigen Reflexionsprozesse der Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen.
Um demokratische Werte leben zu können, müssen Kinder erfahren, dass sie eigene (Beteiligungs)Rechte haben, ihre Partizipationsformen mit den Fachkräften und Kindertagespflegepersonen aushandeln können und ihre Beteiligung und Mitarbeit konkrete Effekte auf ihre Lebenswelt „Kindertageseinrichtung“ oder „Kindertagespflegestelle“ haben. Des Weiteren benötigen Kinder auch die für ein demokratisches Handeln notwendigen Kompetenzen. Gleichzeitig müssen Eltern dabei unterstützt werden, zum einen diese Kompetenzen bei ihren Kindern zu fördern, zum anderen aber auch, den Kindern in der Familie Partizipationsmöglichkeiten zu eröffnen. Neben der notwendigen Aneignung von Wissen über demokratische Werte, Grundprinzipien und Umsetzungsmöglichkeiten gehört es zur Demokratieerziehung, Gelegenheiten zum Kompetenzerwerb für demokratisches Handeln zu schaffen. Im Üben autonomen Handelns, beim Ausprobieren von Instrumenten und Settings sowie bei der Interaktion in heterogenen Gruppen können im übersichtlichen Rahmen der Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege zentrale Kompetenzen erworben werden. Als Gelegenheitsstrukturen für demokratische Praxis ermöglichen sie gemeinsame Planung, gleichberechtigte Beteiligung, abgestimmte Organisation, kommunikative und diskursiv gerechtfertigte Bewertung.
„Eine demokratisch verfasste Gesellschaft ist die einzige Gesellschaftsform, die gelernt werden muss, alle anderen Gesellschaftsformen bekommt man so.“[6] Diese Aussage von Oskar Negt trifft auch auf die institutionelle Kindertagesbetreuung zu. Die Entwicklung einer demokratischen Einrichtungskultur in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege ist kein Selbstläufer. Im Konzept „Kinderstube der Demokratie“[7] haben die Autorinnen und Autoren ausgeführt, unter welchen Bedingungen Demokratieerziehung in der Frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung gelingen kann. Partizipation wird demnach als demokratisches Recht von Kindern jeden Alters verstanden, in den sie betreffenden Angelegenheiten mit zu entscheiden. Um die Umsetzung dieses Rechtes abzusichern, bedarf es der strukturellen Verankerung ebenso wie einer offenen, respektvollen und interessierten Haltung der pädagogischen Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen. Fachkräfte und Kindertages-pflegepersonen sind in diesem Zusammenhang auch herausgefordert, das asymmetrische Machtverhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern und den möglichen Machtmissbrauch durch Erzieherinnen, Erzieher und Kindertagespflegepersonen zu reflektieren. Demokratie-förderung in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege bedarf deshalb neben der konzeptionellen Verankerung der Beteiligungsinstrumente auch der notwendigen Fort- und Weiterbildungen von Fachkräften und Kindertagespflegepersonen, ihrer Reflexionsmöglichkeiten und Methodenkompetenz sowie der Weiterentwicklung der Kommunikationsformen, sowohl mit Blick auf das unterschiedliche Alter der Kinder als auch auf die Form der Sprache als solche. Das Konzept der vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung ist dabei ebenso hilfreich wie das der gewaltfreien Kommunikation.
Kinder und Familien mit Fluchterfahrungen haben in der Kindertagesbetreuung oft erstmals die Möglichkeit, ihre Erfahrungen in die neue Gemeinschaft einzubringen. Die AGJ regt an, die bekannten Beteiligungsformen auf die Anwendbarkeit für die Situation geflüchteter Menschen hin zu prüfen und ggf. gemeinsam mit den Kindern und ihren Familien weiter zu entwickeln. Die damit einhergehenden Bildungsprozesse bei allen Beteiligten fördern Akzeptanz und gegenseitiges Verständnis. Damit kann die Kindertagesbetreuung im Kontext ihres Bildungsauftrags ebenso wie im Rahmen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration und Inklusion leisten[8]. Die AGJ sieht als Ausgangspunkt und rechtliche Rahmung der Überlegungen dieses Papiers die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, die das Fundament für die Akzeptanz, Wertschätzung, Beteiligung und die Rechte aller Kinder gleichermaßen bietet.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ empfiehlt, Freiräume und zeitliche Kapazitäten für pädagogische Fachkräfte und Kindertagespflegepersonen zu schaffen, die ihnen das (Ein)Üben demokratischer Praktiken und die Auseinandersetzung mit Kinderrechten und ihrer Verwirklichung im Alltag der Kindertagesbetreuung ermöglichen. Neben einer theoretischen Fundierung, wie sie zum Beispiel das Konzept „Kinderstube der Demokratie“ bietet, bedarf es zeitlicher Ressourcen, um demokratische Prozesse und Beteiligungsinstrumente im Alltag zu reflektieren und zu implementieren.
Trägerverantwortung wahrnehmen und stärken.
Der Umgang mit Vielfalt kann nur bedingt durch einzelne Fachkräfte geleistet werden. Neben Fachkräften liegt die Verantwortung hierfür beim gesamten Team der Einrichtung und dessen Träger. Die Unterstützung und die Präsenz des Trägers sind auf vielen Ebenen für die allgemeine Qualitätsentwicklung wichtig, als auch die Reflexion und Teamentwicklung. In der fachlichen Auseinandersetzung um Qualitätsstandards im Bereich der Kindertageseinrichtungen ist zudem immer wieder deutlich geworden, dass es für die Teamentwicklung gewinnbringend ist, wenn Fachkräfte mit unterschiedlichen kulturellen und professionellen Hintergründen und Biografien zusammenarbeiten. Genau wie die Heterogenität in der Kindergruppe muss auch die Heterogenität des Teams von der Kitaleitung und den pädagogischen Fachkräften als Stärke wahrgenommen und gestaltet werden. Träger müssen diesen Prozess fachlich begleiten und mit unterschiedlichen Ressourcen unterstützen.
Heterogene Teams können dem Qualitätsanspruch auf die vielfältigen Hintergründe, unterschiedlichen Neigungen, Kompetenzen und Interessen der Kinder einzugehen, besser gerecht werden und diese gemeinsam wahrnehmen. Sie leisten damit sukzessive und alltagsnahe Anti-Diskriminierungsarbeit und zeigen den Kindern, wie Vielfalt positiv gelebt werden kann. Diese bewusst reflektierte Vielfalt der Fachkräfte ist nicht nur gewinnbringend, sondern auch notwendig. Heterogene Teams zu gestalten und im Alltag zu begleiten, liegt mit in der Verantwortung der Kitaleitung und des Trägers und muss von ihnen fachlich begleitet werden. Hierbei spielen Fachberatungen eine wichtige Rolle. Diversitätsbewusste Personal- und Organisationsentwicklung muss jedoch maßgeblich vom Träger gewollt, gesteuert und gelebt werden und in der Trägerkultur aufgehen. Denn heterogene und multiprofessionelle Teams ergeben sich nicht selbsttätig, sondern müssen durch die strategische Arbeit von Trägern und Leitungspersonen von Kindertageseinrichtungen angestrebt und entwickelt werden. Damit sich Fachkräfte eine bewusst reflexive Haltung aneignen und die Zusammenarbeit heterogener Teams für alle gewinnbringend ist, müssen Fort- und Weiterbildungen für die Leitung und das Team vom Träger gefördert und konzeptionell fest verankert sein. Nur so können Fachkräfte und Teams dem Anspruch gelebter Inklusion gerecht werden und Vielfalt in der Gruppe der Kinder und der Fachkräfte positiv nutzen. Die Aufgabe, die Qualitätsentwicklung und Professionalisierung in den Einrichtungen voranzutreiben und verantwortlich zu fördern, liegt bei den Trägern.
Vielfalt in der Kindertageseinrichtung zu leben und zu fördern, ist einerseits ein nach innen gerichteter Prozess, der durch die Organisations- und Personalentwicklung und die alltägliche Praxis in der Einrichtung geschieht. Andererseits zeigt sich der Anspruch darauf auch in der Außendarstellung von Trägern und Einrichtungen. Die pädagogische Konzeption, die Ausschreibung neuer Stellen oder die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit des Trägers machen seine Position zu Vielfalt deutlich. Auch der Umgang des Trägers mit seinen Mitarbeitenden muss im Einklang mit der propagierten Offenheit, Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt stehen. Hier kann auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verwiesen werden, welches die rechtliche Grundlage für eine offene und Vielfalt fördernde Personalpolitik legt. Ein offener und wertschätzender Umgang äußert sich u.a. in der Implementierung von Beschwerde-systemen für Mitarbeitende, Kinder und Eltern und geht zudem im Führungsleitbild auf.
Eine Vernetzung der Akteure (Träger, Fachverbände etc.) kann im Hinblick auf den Prozess der Qualitäts- und Personalentwicklung in Bezug auf Vielfalt enorm hilfreich sein. Hier können gemeinsame Maßnahmen zur Entwicklung von Strategien diversitätsbewusster Organisations- und Personalentwicklung entstehen und ein fachlicher Austausch stattfinden. Damit Kinder und ihre Familien in ihrer (neuen) Lebenswelt bessere Unterstützung finden, als auch um den Teams Hilfestellung zu bieten und somit eine unterstützende und offene Umwelt zu kreieren, müssen gemeinsame Handlungsstrategien entwickelt werden. Zudem müssen sich Träger und Einrichtungen darauf verständigen, was ihre Aufgabe ist und wo sie Familien und Aufgaben an andere Stellen verweisen müssen. Als Beispiel können hier die traumatischen Erfahrungen von Kindern angeführt werden. Pädagogische Fachkräfte können keine therapeutische Arbeit leisten, aber sie müssen wissen, wo die Kinder professionelle Hilfe bekommen und wie sie mit den Auswirkungen der traumatischen Erfahrungen einzelner im Alltag der Einrichtung umgehen. Dazu brauchen sie fachliche Unterstützung, Fortbildungen und den Rückhalt ihres Trägers.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ fordert die Träger von Kindertageseinrichtungen auf, ihre Verantwortung im Kontext von Vielfalt und Interkulturalität wahrzunehmen und sich den daraus ergebenden Herausforderungen bewusst zu stellen. Eine diversitätsbewusste Organisations- und Personalentwicklung ist dabei ebenso zu befördern wie die Einrichtung von Beteiligungs- und Beschwerdestrukturen für Mitarbeitende sowie die Zusammenarbeit und Vernetzung mit weiteren Akteuren im Sozialraum im Kontext interdisziplinärer Arbeit.
Kindertagespflege weiter entwickeln und stärken.
Für das Arbeitsfeld Kindertagespflege sind Formulierung, Verankerung und Weiterentwicklung fachlicher Standards im Bereich der Qualifizierung von Kindertagespflegepersonen unerlässlich. Mit Blick auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder und der Eltern erfordert der gleichrangige Förderauftrag eine gute Vorbereitung der angehenden Tagespflegepersonen auf die sie erwartende anspruchsvolle Tätigkeit.
Die öffentlich geförderte Kindertagespflege als eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe sollte insoweit nicht nur Bestandteil der Jugendhilfeplanung sein, sondern auch in die Vernetzung der Akteure vor Ort bezüglich der Qualitätsentwicklung von Kinderförderungsangeboten eingebunden werden. Mit der Sicherstellung von Angeboten und Qualität der Fachberatung für Kindertagespflege, sowie regelmäßigem fachlichen Austausch zwischen Kindertagespflegepersonen untereinander und mit Fachkräften der Kindertageseinrichtungen, kann nicht nur eine vielfaltsensible Haltung unterstützt und reflektiert werden, sondern auch Offenheit und Akzeptanz gegenüber den unterschiedlichen Kinderförderungssettings in Kindertagesein-richtungen und Kindertagespflege entstehen. Denn eine Vielfalt an Kinderförderungs-angeboten, die den unterschiedlichen Bedarfen gerecht wird, ist ein Beitrag zur gesellschaftlichen Integration, Inklusion und interkulturellen Orientierung.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ empfiehlt den Umgang mit Vielfalt und Interkulturalität in der Kindertagesbetreuung kindgerecht zu gestalten und zum Anlass zu nehmen, die Kindertagespflege weiter zu qualifizieren. Darüber hinaus sollten weiterbildende Qualifizierungsmodule, welche die interkulturelle Kompetenz der Kindertagespflegepersonen fördern, die Grundqualifizierung ergänzen.
Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Berlin, 28./29. September 2017
[1] Quelle: Statistisches Bundesamt, Statistik der Kinder- und Jugendhilfe, Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Tagespflege, Berechnungen der Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik.
[2] Laut ersten Ergebnissen der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten, die im DIW-Wochenbericht (19/2017) vorgestellt wurden, nutzen 80% der drei- bis sechsjährigen Kinder von geflüchteten Menschen in Deutschland eine Kita. Die Kitanutzung der jüngeren Kinder ist deutlich niedriger. Die Studie soll hier kritisch erwähnt werden, da die errechnete Zahl im Vergleich zur Wahrnehmung von Fachkräften und Trägern als sehr hoch erscheint. Die Gruppe der Befragten, deren Aufenthaltsstatus und ihre Lebenssituation muss vor diesem Hintergrund genauer betrachtet werden.
[3] Vgl. Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode (2016): Drucksache 18/9778
[4] Vielfalt gestalten, Rechte für alle Kinder und Jugendlichen stärken! Empfehlungen zum Reformprozess SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
[5] Petra Wagner, Handbuch Inklusion, 2013, S. 243
[6] Oskar Negt, 2010, S.27
[7] Hansen, Knauer, Sturzenhecker (2011): Partizipation in Kindertageseinrichtungen. So gelingt Demokratiebildung mit Kindern! Verlag Das Netz
[8] In diesem Kontext kann auf das AGJ-Positionspapier „Qualifizierung und Qualifikation von Fachkräften mit Blick auf die Begleitung, Unterstützung und Integration von geflüchteten Familien und unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten“ (01./02. 12.2016) hingewiesen werden.