Interkulturalität und Fachlichkeit. Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe
Diskussionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
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In Deutschland stellen Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund[1] mit über 19 Prozent einen wesentlichen Teil der Bevölkerung, die Tendenz ist steigend. In der Gruppe der jungen Menschen bis 20 Jahre beträgt der Anteil fast 30 Prozent, bei den unter Fünfjährigen sind es mittlerweile rund 34 Prozent. Während im Zeitraum von 2005 bis 2009 die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund um 1,2 Prozent zurückgegangen ist, ist der Anteil mit Migrationshintergrund im gleichen Zeitraum um 4,3 Prozent gestiegen.[2] Hochrechnungen der statistischen Landesämter gehen beispielsweise bis 2020 für Bayern von einem weiteren Anstieg um 23 Prozent, für Nordrhein-Westfalen um elf Prozent aus. Regionale Differenzierungen veranschaulichen, dass in kleineren Gemeinden (bis 2.000 Einwohnerinnen und Einwohner) der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund bei sechs Prozent liegen kann, wohingegen in einzelnen Ballungsräumen der Anteil der Migrantinnen und Migranten bei den unter 15-Jährigen bei über 50 Prozent, bei den unter Dreijährigen sogar bei über 70 Prozent liegen kann.
Entsprechend beeinflusst die kulturelle Pluralisierung alle Handlungsfelder und Aufgabenbereiche der Kinder- und Jugendhilfe – vom Kindertages-stättenbereich bis zur außerschulischen Jugendbildung – in einem erheblichen Maße. Ähnlich wie das Bildungssystem muss die Kinder- und Jugendhilfe deshalb bei der Verknüpfung von Interkulturalität und Fachlichkeit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung in besonderer Weise gerecht werden. Interkulturalität gehört – mit Unterschieden in den einzelnen Handlungsfeldern – zur Normalität der Kinder- und Jugendhilfe, wobei die Nutzung von Angeboten durch Personen mit Migrationshintergrund weniger von der Herkunft als von der in der Familie gesprochenen Sprache abhängig zu sein scheint. Für die Kinder- und Jugendhilfe entsteht dadurch die Herausforderung zu reflektieren, wie mit Personen aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten gearbeitet wird, wie entsprechende Zugänge geschaffen werden können und wie eine kulturell offene Kinder- und Jugendhilfe als Institutionalisierung migrationssensibler Angebote und Koproduktionsprozesse gestaltet werden kann.[3]
Mit dem vorliegenden Papier beschreibt die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ interkulturelle Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe und für die Qualifizierung ihrer Fachkräfte. Die Betrachtung von virulenten Diskussionspunkten in diesem Zusammenhang geschieht beispielhaft für Herausforderungen, denen sich Kinder- und Jugendhilfe auf dem Weg hin zu Inklusion und Diversity Management stellen muss.
1. Fachkräfte mit Migrationshintergrund
Häufig wird die Gewinnung von mehr Fachkräften mit eigener Zuwanderungsgeschichte für die Kinder- und Jugendhilfe angemahnt. Motive hierfür sind – neben dem allgemeinen Fachkräftemangel als Anlass, Berufsaspirantinnen und -aspiranten aus bisher vernachlässigten Bevölkerungsgruppen zu gewinnen[4] – vermutete spezifische Kompetenzen und Ressourcen. Bei Menschen mit Zuwanderungsgeschichte könne interkulturelle Kompetenz, Mehrsprachigkeit und ein spezifisches Empathievermögen auf Grundlage eigener Erfahrungen vorausgesetzt werden, so die Annahme. Damit verbunden wird die Hoffnung auf eine größere „Nähe zur Kundschaft“, also darauf, dass Kolleginnen und Kollegen mit eigenen Migrationserfahrungen besonders gut mit Adressaten und Adressatinnen mit Migrationshintergrund zurechtkommen und deshalb besonders geeignet sind für Stellen, in denen häufig interkulturelle Arbeitssituationen auftreten. Inwiefern diese positiven Erwartungen gerechtfertigt sind und aufgrund welcher Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen aus der eigenen Migrationsgeschichte tatsächlich interkulturelle Kompetenz erwächst, bedarf einer genaueren Prüfung. Schließlich sind die Lebenslagen von Menschen mit Migrationshintergrund nicht homogen und eine Ähnlichkeit der Lebenslagen von Fachkraft und Adressatin oder Adressat ist für sich genommen weder Voraussetzung noch Garantie für gute Soziale Arbeit.
Aus Sicht der AGJ muss ohne die eben beschriebenen Pauschalzuschreibungen diskutiert werden. Spezifische interkulturelle Aufgabenzuweisungen sollten sich nicht in der jeweiligen Zuwanderungs-geschichte der Fachkräfte, sondern in ihren Kompetenzen begründen. Insbesondere dann, wenn die Fachkräfte mit Migrationshintergrund in Deutschland geboren sind, erscheint die Unterstellung, sie seien Expertinnen und Experten für die Heimat ihrer Eltern oder Großeltern, wenig überzeugend. Der Migrationshintergrund von Fachkräften kann zwar wertschätzend als „Brücke“ zu Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe dienen, ist per se jedoch nicht Ausdruck einer spezifischen Fachlichkeit. Settelmeyer stellt fest, „dass sich die Annahme, vorhandene lebensweltlich und -geschichtlich entstandene Potenziale bruchlos in beruflichen Kontexten nutzen zu können, so meist nicht bestätigt, sondern dass vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten im Beruf erweitert werden müssen. (...) Die Aufmerksamkeit (sollte) im Besonderen darauf gerichtet werden, in welcher Weise vorhandene Potenziale wahrgenommen und für die persönliche und berufliche Entwicklung gefördert werden können. Hierfür ist zum Beispiel in Erfahrung zu bringen, ob der Einsatz in verschiedenen Berufen jeweils bestimmte sprachliche Mindestniveaus verlangt oder bereits geringe Vorkenntnisse dafür ausreichen. (...) Durch die weitere Befassung mit diesen Potenzialen und deren Entwicklung zu beruflich einsetzbaren Kompetenzen durch institutionalisierte Förderangebote kann auch dazu beigetragen werden, der Mehrsprachigkeit und interkulturellen Kompetenz von Personen mit Migrationshintergrund mehr gesellschaftliche Geltung zu verschaffen.“[5] In der Kinder- und Jugendhilfe erforderlich ist professionelles Handeln von migrationssensiblem Personal – mit und ohne eigenen Migrationshintergrund. Daher muss bei Einstellungen die Fachlichkeit im Vordergrund stehen.
Auch wenn die biographisch begründeten positiven Kompetenz-unterstellungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen mit Migrations-hintergrund nicht überzeugen, so sollte sich die Kinder- und Jugendhilfe trotzdem besonders um Fachkräfte mit Migrationshintergrund bemühen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens hat die Kinder- und Jugendhilfe nicht nur die Aufgabe, die Teilhabechancen ihrer Adressatinnen und Adressaten zu fördern, sondern auch in ihren eigenen Strukturen Diskriminierungen zu verhindern beziehungsweise abzubauen. Zweitens kann sie dem absehbaren Fachkräftemangel etwas entgegensetzen, indem man das Arbeitsfeld auch für Menschen mit Migrationshintergrund attraktiv macht, die sich bisher nicht dafür entschieden haben, und drittens können Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund Anlässe für die Entwicklung interkultureller Kompetenzen im Team sein.
1.1 Fachkräfte mit Migrationshintergrund in der Kinder- und Jugendhilfe als Ausdruck der interkulturellen Öffnung
Das Wissen darüber, wie viele Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe einen Migrationshintergrund haben, ist beschränkt, da die Kinder- und Jugendhilfestatistik den Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit eigenem Migrationshintergrund bislang nicht abfragt.
Es liegt jedoch eine Sonderauswertung des Mikrozensus6 vor, in der der Anteil von Personal mit Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen untersucht wurde, wobei dieser Anteil wahrscheinlich unterschätzt wird, weil sich die Auswertung an dem Kriterium der Staatsangehörigkeit orientiert. Laut dieser Auswertung waren 2008 acht Prozent der Erzieherinnen und Erzieher sowie 14 Prozent der Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger in Kindertageseinrichtungen nach Deutschland zugewandert oder verfügten als Kinder nichtdeutscher Eltern selbst nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit. In beiden genannten Berufsgruppen zeigt sich bei den jüngeren Fachkräften ein höherer Anteil an Personen mit eigenem Migrationshintergrund als bei den älteren Beschäftigten: Bei den über 55-Jährigen liegt der Anteil bei vier Prozent, bei den 35- bis 45-Jährigen bei neun Prozent, bei den 25- bis 35-Jährigen überschreitet er zehn Prozent.
Die Analyse ergab darüber hinaus, dass die Fachkräfte mit Migrationshintergrund überproportional häufig in atypischen Beschäftigungs-verhältnissen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von unter 21 Stunden beschäftigt sind (29 Prozent im Vergleich zu 18 Prozent bei den Fachkräften ohne Migrationshintergrund), wobei 39 Prozent der teilzeitbeschäftigten Fachkräfte mit Migrationshintergrund gerne mehr arbeiten würden (verglichen mit 30 Prozent bei den Fachkräften ohne Migrationshintergrund). Hinzu kommt, dass 24 Prozent der Fachkräfte mit Migrationshintergrund befristet beschäftigt sind, was bei den Fachkräften ohne Migrationshintergrund nur für jede zehnte zutrifft.
Ohne voreilige analytische Schlüsse aus den genannten Zahlen zu ziehen[7], ist anzunehmen, dass bei mangelnder vertraglicher Gleichbehandlung von gleich qualifizierten Fachkräften mit und ohne Migrationshintergrund der gewünschte Zuwachs an Fachkräften mit Migrationshintergrund nicht zu erreichen sein wird.
Aus bundesweiten Befragungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) ist darüber hinaus bekannt, dass in 15 Prozent der Jugendgerichtshilfen[8], in 28 Prozent der stationären Einrichtungen zur Erziehung[9] und in 33 Prozent der Kindertageseinrichtungen[10] Fachkräfte mit Migrationshintergrund arbeiten. Diese Zahlen bestätigen den Eindruck, dass bei einer Vielzahl der Angebote keine Fachkräfte mit Migrationshintergrund beschäftigt sind. Es scheint also noch einiger Anstrengungen zu bedürfen, bevor die Kinder- und Jugendhilfe die kulturelle Vielfalt der Wohnbevölkerung in der Zusammensetzung ihres Personals widerspiegelt.
1.2 Interkulturelle Öffnung und Fachkräftemangel
In Zeiten wachsenden Fachkräftemangels steht auch die Kinder- und Jugendhilfe vor der Herausforderung, für Fachkräfte attraktiver zu werden. In Konkurrenz zu anderen Branchen sind vermehrte Anstrengungen notwendig, die Kinder- und Jugendhilfe zu einem erstrebenswerten Arbeitsfeld werden zu lassen. So wie zum Beispiel junge Männer gezielt angesprochen werden, kann auch die gezielte Ansprache von Jugendlichen mit Migrationshintergrund für soziale Berufe durchaus erfolgreich sein – wie erste Erfahrungen aus dem Bereich der Altenhilfe vermuten lassen[11].
Zu den Faktoren, die Menschen mit Migrationshintergrund davon abhalten können, soziale Berufe anzustreben, zählen neben der eingeschränkten Ausdifferenzierung dieser Arbeitsfelder in den Herkunftsländern (und deshalb unter Umständen unzureichenden Vorstellungen über die jeweiligen Aufgaben) auch die mangelnde öffentliche Anerkennung dieser Berufe und der damit verbundene geringe Berufsstatus – gerade auch aus der Perspektive von Menschen mit Migrationshintergrund. Dies kann sich insofern als hinderlich auswirken, als sich nicht wenige Migrantinnen und Migranten verpflichtet fühlen, dem – auch intergenerationell häufig weitergegebenen – Anspruch, das Auswandern müsse sich durch beruflichen Aufstieg „gelohnt“ haben, gerecht zu werden. Des Weiteren wirken die mögliche Reduzierung ihres Einsatzes auf dezidiert interkulturelle Arbeitsbereiche aufgrund pauschaler Kompetenzzuschreibungen, die tendenzielle vertragliche Schlechterstellung im Vergleich zu Fachkräften ohne Migrationshintergrund und auch der grundsätzlich für weite Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe zu konstatierende Mangel an Status- und Aufstiegschancen als Hindernisse für den Zugang zu den entsprechenden Berufsfeldern. Eine interkulturelle Öffnung der Kinder- und Jugendhilfe, die einen Schwerpunkt bei der Öffnung der Arbeitsfelder für Fachkräfte mit Migrationshintergrund setzt, wäre ein wichtiger Beitrag im Werben um Fachkräfte. Eine solche interkulturelle Öffnung muss sich dann auch in der Repräsentanz von Fachkräften mit Migrationshintergrund in den Leitungsfunktionen und Gremien der Kinder- und Jugendhilfe widerspiegeln.
Will man junge Menschen mit Migrationshintergrund für Ausbildungsgänge der Sozialen Arbeit und für die Berufsfelder der Kinder- und Jugendhilfe gewinnen, müssen die Ausbildungseinrichtungen Angebote machen, die den unterschiedlichen Kompetenzen und Bedürfnissen der unterschiedlichen Auszubildenden beziehungsweise Studierenden entsprechen. Die AGJ mahnt an dieser Stelle zum Beispiel die Anerkennung von Deutsch als erworbene Zweitsprache für die Ausbildung und die Erhöhung des Anteils der Lehrenden mit eigenem Migrationshintergrund an.
Betrachtet man die besondere Situation von Studierenden ohne deutsche Staatsangehörigkeit, dann ist für den Hochschulbereich grundsätzlich zu kritisieren, dass zwischen dem Ziel, ausländische Studierende anzuziehen, und den häufig prekären Bedingungen für ausländische Studierende in Deutschland eine Diskrepanz besteht. Hierzu gehört zum Beispiel die Tatsache, dass diese Studierenden häufiger auf eigene Erwerbstätigkeit angewiesen sind, hierfür aber nur eingeschränkte Arbeitserlaubnisse und weniger Zeitressourcen haben, da ihre Aufenthaltserlaubnis oftmals an die Regelstudienzeit gekoppelt ist.[12]
Bereits in der Ausbildung müssen darüber hinaus Maßnahmen ergriffen werden, um Prozesse der „sozialen Schließung“ zu vermeiden, die dazu führen könnten, dass Auszubildende und Studierende mit beziehungsweise ohne Migrationshintergrund ihre vorhandenen Ressourcen nur jeweils untereinander teilen.
1.3 Personal mit Migrationshintergrund – ein Anlass zur Kompetenzentwicklung
Die Einstellung von Personal mit Migrationshintergrund kann einen Impuls zur Entwicklung interkultureller Kompetenzen in Teams darstellen. Kulturelle Zuschreibungen zwischen Kolleginnen und Kollegen werden reflektiert und erleichtern auch die Erkenntnis darüber, welchen möglichen Stigmatisierungsprozessen Adressatinnen und Adressaten mit Migrationshintergrund ausgesetzt sind.
Kulturelle Verständigungsprobleme und Austauschprozesse können im Team geklärt und gestaltet werden und notwendige interkulturelle Anerkennungs-verhältnisse haben in entsprechenden Teams gute Voraussetzungen. Sie können gleichermaßen eine Vorbildfunktion für kulturell heterogene Adressaten- und Adressatinnengruppen sein.
2. „Interkulturalisierung“ der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe?
Vor dem Hintergrund der Feststellung, dass alle Zielgruppen der Kinder- und Jugendhilfe in allen gesellschaftlichen Schichten ethnisch vielfältig sind und es nicht die Kinder, die Jugendlichen oder die Familien mit Zuwanderungsgeschichte gibt, steht die statistische Erkenntnis, dass sich die „Versorgungsquote“ junger Menschen mit Migrationshintergrund durch die Kinder- und Jugendhilfe in den letzten Jahren zwar ihrem Anteil an der Bevölkerung, noch nicht jedoch ihrem Anteil an sozialen Risiken angenähert hat.[13] Hier bestehen leistungsspezifische Handlungsbedarfe.
Grundsätzlich ist es nicht verwunderlich, wenn Mädchen und Jungen aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe unterschiedlich und nach individueller Bedürfnis- und Interessenslage nutzen. Dies tun Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte ebenso.
In der Kinder- und Jugendverbandsarbeit etwa stehen die verbandsspezifischen Profile im Vordergrund, zum Beispiel gewerkschaftliche, sportliche oder religiös/konfessionelle Grundorientierungen (siehe beispielsweise die Trennung zwischen katholischen und evangelischen Jugendverbänden). Wer sich mit seinen Einstellungen und Werteorientierungen dort wiederfindet, nimmt gegebenenfalls an den Angeboten des entsprechenden Jugendverbandes teil. Der oft unter der Zielperspektive Teilhabe und Pluralität an die Kinder- und Jugendverbandsarbeit adressierte Anspruch, sie seien der ideale Ort für Multikulturalität und alle Gruppierungen nähmen alle Angebote gemeinsam wahr, ist in diesem Zusammenhang vermessen. Vielmehr gilt es, die Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit für Vereine von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und andere Migrantenselbstorganisationen (MSO) zu öffnen, was in den letzten Jahren auch zu einem Schwerpunktthema verschiedener örtlicher Jugendringe sowie der Landesjugendringe und des Deutschen Bundesjugendrings geworden ist.[14]
Inklusion im Kontext von Kinder- und Jugendverbandsarbeit beinhaltet auch das Recht auf exklusive Angebote, die für junge Menschen mit Migrationshintergrund etwa dadurch ermöglicht werden könnten, dass entsprechend qualifizierte Migrantenselbstorganisationen sowohl als Kooperationspartner als auch als durchführende Träger gewonnen werden.[15] Insofern bedeutet interkulturelle Teilhabegerechtigkeit nicht zwangsläufig eine „Interkulturalisierung“ aller Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Bei vorhandenen Teilhabemöglichkeiten für alle Kinder und Jugendlichen muss Kinder- und Jugendhilfe vielmehr interessens- und bedürfnisorientierte Angebote machen.
Solche exklusiven Angebote können ihre Grenzen in Verdrängungstendenzen finden, wie sie insbesondere in Teilen der offenen Jugendarbeit stattfinden, wenn alternativlose Angebote entweder fast ausschließlich oder fast gar nicht von Jugendlichen mit Migrationshintergrund wahrgenommen werden. Diese für kulturelle Szenen, Cliquen und Milieus insgesamt nicht untypischen Segregationsprozesse müssen dann problematisiert werden, wenn sie mit gewaltvollen Ausgrenzungen einhergehen und für die solchermaßen ausgeschlossenen Gruppen keine anderweitigen Angebote verfügbar sind.
In Kindertageseinrichtungen, deren Anspruch es sein sollte, Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebote für alle Kinder bereitzuhalten, sind Kinder aus zugewanderten Familien noch immer unterrepräsentiert. Bundesweit war bei den drei- bis sechsjährigen Kindern jedoch der Anteil derjenigen Kinder mit Migrationshintergrund, die im Jahr 2009 eine Kindertageseinrichtung besuchten, um zwölf Prozentpunkte niedriger als ihr Anteil an der Gesamtaltersgruppe. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern und in Abhängigkeit vom Alter der Kinder.[16] Gründe für Familien mit Migrationshintergrund, ihre Kinder nicht in Kindertageseinrichtungen betreuen zu lassen, sind neben teilweise nicht übereinstimmenden Erziehungszielen fehlende Informationen und die geringere Erwerbsbeteiligung von Müttern.
Auf Seiten der Institutionen kann zum Beispiel die homogene sprachlich-kulturelle Zusammensetzung des Personals zu den Barrieren zählen. Zu den Integrationshindernissen gehört auch, dass ein Drittel derjenigen Kinder mit Migrationshintergrund, die in Kindertageseinrichtungen betreut werden, eine Einrichtung besucht, in der mehr als 50 Prozent der Kinder ebenfalls einen Migrationshintergrund besitzen.[17] Dies wird von den Familien mit Migrationshintergrund jedoch selten bewusst gewählt, vielmehr ist es Ergebnis von Segregationsprozessen, gegen die sich die Familien mit Migrationshintergrund kaum wehren können. Insofern wird sich diese unerwünschte Entwicklung nicht ohne geänderte Strategien der Stadtentwicklung lösen lassen. Mittlerweile werden diverse Bemühungen unternommen, diese institutionellen Hindernisse insbesondere durch das Aufbrechen monolingualer Strukturen abzubauen.[18] Darüber hinausreichende strukturelle und konzeptionelle Konsequenzen für die Kindertagesbetreuung im Sinne eines interkulturellen (und perspektivisch inklusiven) Aufwachsens in öffentlicher Verantwortung hat die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ bereits 2010 gefordert.[19]
Für die Familienbildung gilt die Maßgabe der Lebensweltorientierung von Kinder- und Jugendhilfe in besonderem Maße. Familien mit Migrationshintergrund in sozialen Risikolagen benötigen offene und verständliche Informations- und Beratungsangebote zu spezifischen Themenstellungen ebenso wie kostenlose Kontakt- und Kommunikations-möglichkeiten – gegebenenfalls auch unter Einsatz fachkompetenter Sprachmittlung. Auch für den Bereich der Familienbildung ist die Professionalisierung von Migrantenselbstorganisationen hin zu Trägern entsprechender Leistungen ein denkbarer Schritt auf dem Weg zu mehr Teilhabe an Kinder- und Jugendhilfe.
Während die Angebote der Jugendsozialarbeit junge Menschen mit Migrationshintergrund relativ gut erreichen (insbesondere durch die Jugendmigrationsdienste), werden erzieherische Hilfen von jungen Menschen und Familien mit Migrationshintergrund tendenziell später und auch kürzer in Anspruch genommen und sind weniger erfolgreich.[20] Als hinderlich für die Inanspruchnahme von Hilfen und die Beteiligung am Hilfeplanverfahren gilt hier insbesondere der Mangel an verständlichen Informationen über das Hilfesystem sowie an den hier in besonderem Maß benötigten interkulturellen Kompetenzen der Fachkräfte.[21]
Insbesondere bei der Sicherung des Kindeswohls sollten Gefährdungen nicht „kulturalisiert“ und damit verharmlost werden, sondern es sollte die jeweilige Situation kultur- und migrationssensibel beurteilt werden. Die Befunde des Forschungsprojekts „Migrationssensibler Kinderschutz“ weisen darauf hin, dass Fachkräften die Beurteilung, ob eine Kindeswohlgefährdung ausgeschlossen werden kann, bei Familien mit Migrationshintergrund schwerer fällt. Hier neigen sie offensichtlich dazu, eine solche klare Aussage öfters zu vermeiden.[22]
Eine Fixierung auf „kulturell bedingte Gefährdungstatbestände“ erschwert es, mögliche Ressourcen dieser Familien für den Kinderschutz zu erkennen und angemessen auf die aktuelle Gefährdungssituation zu reagieren. Interkulturell kompetente Kinder- und Jugendhilfe muss im Rahmen der Wahrnehmung ihres Schutzauftrages für differenzierte Verständigung Sorge tragen und vor dem Hintergrund der Kenntnis der individuellen Lebenssituation und (kulturell geprägten) innerfamilialen Strukturen agieren.
3. Interkulturelle Herausforderungen an Kinder- und Jugendhilfe und an die Qualifizierung von Fachkräften
Mangelnde oder mangelhafte interkulturelle Qualifizierung kann zu inadäquatem Handeln, etwa zu verkürzten ethnischen oder kulturellen Zuschreibungen von Problemlagen, führen. Oftmals werden im Diskurs über junge Menschen mit Migrationshintergrund etwa Bildungsdefizite, Kriminalität und Integrationsschwierigkeiten in den Vordergrund gestellt und damit Unterstützungsbedarfe „kulturalisiert“. Es ist fahrlässig, von der ethnischen Zugehörigkeit auf den sozialen Status und besondere Erfordernisse zu schließen und durch permanentes Betonen der „Andersartigkeit“ bestehende Diskriminierungen zu verfestigen. Auf der anderen Seite dürfen echte soziokulturelle Differenzen und Diskriminierungen aber auch nicht negiert und als individuelle Probleme missverstanden werden. Nur mit korrekter Zuordnung von Ursachen für Leistungsbedarfe sind Chancengerechtigkeit und die Schaffung von Räumen für die vorhandene Vielfalt möglich.
In der Jugendamtsbefragung des DJI-Projekts „Jugendhilfe und sozialer Wandel“ hat sowohl 2004 als auch 2009 ungefähr ein Viertel der Jugendämter interkulturellen Fortbildungsbedarf bei ihrem Personal gesehen und bei einem Fünftel haben tatsächlich entsprechende Fortbildungen stattgefunden. Jugendämter in Kreisen beziehungsweise kreisfreien Städten mit einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund führen häufiger entsprechende Fortbildungen durch. Bei stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sinkt der Anteil derjenigen, die Fortbildungen zur interkulturellen Kompetenz durchführen, auf unter zehn Prozent. Bei den Jugendverbänden lässt sich im Vergleich der Jahre 2001 und 2008 ein Rückgang entsprechender Fortbildungsaktivitäten sowohl für hauptamtlich als auch für ehrenamtlich Mitarbeitende konstatieren.[23]
Es scheint also in den verschiedenen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe noch erhebliche Potenziale bei der Entwicklung interkultureller Kompetenz zu geben. Es wäre zudem sinnvoll, wenn die jeweiligen Einrichtungen und Träger die potenzielle Zweisprachigkeit ihrer Fachkräfte mit Migrationshintergrund gezielt im Hinblick auf die Anforderungen des Arbeitskontextes weiterentwickeln würden.[24]
Für Familien mit Zuwanderungsgeschichte ist die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichen Werten Normalität. Transnationalität[25] und Transkulturalität[26] – meist verbunden mit Mehrsprachigkeit – beinhalten positive Ressourcen.[27] Ein Austausch über unterschiedliche Werte, Erklärungsmuster und Handlungsoptionen ist für diese Familien, aber auch innerhalb von Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Schulen wichtig. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Austausch gelingt, steigt, wenn die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe über genug Kultur- und Migrationssensibilität verfügen, solche Prozesse anzuregen und weiter voranzubringen. Hierzu gehört es unter anderem, sinnvolle Kontakt- und Kooperationsstrukturen zwischen Migrantenselbstorganisationen und der Kinder- und Jugendhilfe im örtlichen Sozialraum zu ermöglichen.[28]
Für die Kinder- und Jugendhilfe heißt Interkulturalität in der Konsequenz auch, die Einhaltung der demokratischen Grundwerte sowie der Kinder- und Frauenrechte als Maßstab anzulegen und die Universalität von Menschenrechten nicht zu relativieren.
Die Kinder- und Jugendhilfe sollte sich im Sinne des § 9 SGB VIII grundsätzlich an einer Lebensweltorientierung ausrichten, die alle – unter anderem migrationsspezifische – Besonderheiten impliziert, wobei diese Lebensweltorientierung möglicherweise um interkulturelle Aspekte ausgeweitet werden muss. Spezifische interkulturelle Kompetenzen, die insbesondere in großstädtischen Ballungsgebieten mit zahlreichen Adressatinnen und Adressaten mit Migrationshintergrund benötigt werden, sollten im beruflichen Handeln mit Gender- und anderen Diversity-kompetenzen einhergehen.
Die AGJ teilt die Definition des Deutschen Vereins, der „unter interkultureller Kompetenz die Fähigkeit (versteht), im Bewusstsein eigener kultureller Prägungen und auf der Grundlage von Empathie und eines generellen Reflexionsvermögens wirksam und angemessen in interkulturellen Situationen zu kommunizieren. Dies beinhaltet, auf der Basis der Anerkennung der Vielfalt als Normalität, mit der Heterogenität der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund kompetent, reflexiv und situationsabhängig umgehen und sich auf neue Verhaltensweisen einlassen zu können, auch wenn diese aufgrund der eigenen Sozialisation bis dato unbekannt waren. Individuelle interkulturelle Handlungskompetenz zeichnet sich neben Offenheit, Unvoreingenommenheit und einem Respekt gegenüber anderen Kulturen und Weltanschauungen auch durch ein migrationsspezifisches Wissen insbesondere über andere Kulturen, Weltanschauungen und Religionen, Gründe und Folgen von Migration, Lebenslagen von Menschen mit Migrationshintergrund, rechtliche Regelungen zur Situation von Menschen mit Migrationshintergrund (insbesondere Aufenthaltsrecht) aus. Zudem beinhaltet interkulturelle Kompetenz die Fähigkeit, mit Ambivalenzen flexibel umgehen und ethnozentristische Sichtweisen relativieren zu können.“[29]
Die Kinder- und Jugendhilfe muss ihre Strukturen und Angebote im Sinne interkulturell gerechter Teilhabe ändern beziehungsweise anpassen. Dazu gehört es beispielsweise,
- dass die interkulturellen Ansätze der Kinder- und Jugendhilfe über die gemeinsame Sprachförderung hinaus im Sinne wertschätzenden Umgangs mit Heterogenität weiterentwickelt werden müssen. Das heißt unter anderem, dass interkulturell gemischte Fachkräfteteams nicht im Sinne ethnisch begründeter Rollenzuteilungen zu bilden sind, sondern um Vielfalt anzuerkennen,
- zu lernen und auch zu leben.
- Im Umgang mit Adressatinnen und Adressaten aus als besonders auffällig empfundenen Migrationsgruppen muss Kinder- und Jugendhilfe Prozesse der Verantwortungszuschreibung und -übernahme kritisch reflektieren.
- Die gegenseitigen Zugangsbarrieren zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Adressatinnen und Adressaten mit Migrationshintergrund müssen benannt und gegebenenfalls abgebaut werden (zum Beispiel diskrepante Familienbilder und Erziehungsziele, mangelnde Informationen und Kenntnisse, Beteiligungsbarrieren für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge und junge Menschen in aufenthaltsrechtlicher Illegalität).
Dem Ansatz, Interkulturalität in der Ausbildung mit spezialisierender Perspektive zu behandeln, stellt sich die AGJ eindeutig entgegen. Während im Rahmen von Fort- und Weiterbildung entsprechend der starken Nachfrage durchaus spezifisches (inter)kulturelles Wissen (etwa über den Islam oder die Sinti und Roma) vermittelt werden sollte, muss Interkulturalität in der Ausbildung aller Fachkräfte ein Querschnittsthema sein. In den Ausbildungsgängen für Kinder- und Jugendhilfe muss eine differenzierte interkulturelle Perspektive verankert werden, da bei Separierung des Themas die Gefahr besteht, dass die nicht in diesem Sinne spezialisierten Fachkräfte von ihrer interkulturellen Verantwortung entbunden werden. Entsprechend institutionalisierte sozialpädagogische Ausbildungsmodule zur interkulturellen Arbeit sowie zu interkulturellen Konstruktions- und Ausgrenzungsprozessen sollten Fachkräfte zur angemessenen Reflexion ihres Handelns befähigen.
Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Berlin, 24./25. November 2011
[1] Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund handelt es sich laut Definition des Statistischen Bundesamtes um Personen, die nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugezogen sind, sowie um alle in Deutschland geborenen Ausländerinnen und Ausländer und alle in Deutschland Geborenen mit zumindest einem zugezogenen oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil.
[2] vgl. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus. Fachserie 1 Reihe 2.2 – 2009
[3] Vgl. Fuchs-Rechlin, Kirsten; Pothmann, Jens; Wilk, Agathe: Familien mit Migrationshintergrund als Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe, In: KomDat Jugendhilfe – Kommentierte Daten der Jugendhilfe, Heft 1-2/2011, S. 7-11.
[4] vgl. Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (6./7. April 2011)
[5] Settelmeyer, Anke: Haben Personen mit Migrationshintergrund interkulturelle Kompetenz? In: Granato, Mona; Münk, Dieter; Weiß, Reinhold (Hrsg.): Migration als Chance, Bonn 2011, S. 157f.
[6] Vgl. Fuchs-Rechlin, Kirsten: Die berufliche, familiäre und ökonomische Situation von Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen. Sonderauswertung des Mikrozensus. Im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung der GEW, Frankfurt 2010.
[7] „So zeigt sich etwa bei der multivariaten Analyse zum Arbeitszeitumfang, dass unter Kontrolle der persönlichen und familienbezogenen Merkmale (Alter, Beruf usw.) der Migrationshintergrund keine eigenständige Erklärungskraft mehr besitzt. (…) Anders verhält es sich jedoch bei den Indikatoren zur ökonomischen Situation: Hier bleibt ein höheres Risiko, das Erwerbseinkommen durch Hartz IV ergänzen zu müssen, auch unter Berücksichtigung der familiären und berufsbezogenen Merkmale bestehen.“ (ebd., S. 50)
[8] Vgl. Arbeitsstelle Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention; Projekt „Jugendhilfe und sozialer Wandel“ (Hrsg.): Das Jugendgerichtshilfeb@rometer. Empirische Befunde zur Jugendhilfe im Strafverfahren in Deutschland, München 2011.
[9] Vgl. Gragert; Nicola; Pluto, Liane; van Santen, Eric; Seckinger, Mike: Entwicklungen (teil)stationärer Hilfen zur Erziehung. Ergebnisse und Analysen der Einrichtungsbefragung 2004, München 2005.
[10] Vgl. Peucker, Christian; Gragert, Nicola; Pluto, Liane; Seckinger, Mike: Kindertagesbetreuung unter der Lupe. Befunde zu Ansprüchen an eine Förderung von Kindern, München 2010.
[11] Vgl. Modellprojekt AjuMA – Ausbildung junger Männer mit Migrationshintergrund in der Altenpflegehilfe (http://goab.info/index.php?id=555).
[12] Vgl. Straub, Ute; Schirmer, Uta: Die Hochschule als interkultureller Lernort. Zwischen Mobilität und Migration, In: Sozialmagazin, Heft 10/2010, S. 34-43.
[13] Für die Feststellung zur „Versorgungsquote“ vgl. Schröer, Hubertus: Interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz. Herausforderungen für die deutsche Kinder- und Jugendhilfe, In: Sozialmagazin, H. 7-8/2011, S. 12-15.
Bezüglich des Anteils an sozialen Risiken stellt der Familienreport 2010 fest, dass bundesweit 26 Prozent der Kinder in Familien mit Migrationshintergrund armutsgefährdet sind; bei den Kindern in Familien ohne Migrationshintergrund liegt dieser Anteil bei 15 Prozent.
[14] Vgl. Landesjugendring NRW e. V. – Projekt Ö (Hrsg.): Integration durch Partizipation – Interkulturelle Öffnung von Jugendringen und Jugendverbänden in NRW – Abschlussdokumentation von Projekt Ö, Neuss 2011.
[15] Vgl. Jagusch, Birgit (2011): Praxen der Anerkennung. „Das ist unser Geschenk an die Gesellschaft“. Vereine von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, Schwalbach/Ts.
[16] Vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung im Auftrag der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2010. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel, Bielefeld 2010, S. 52f.
[17] „Es gibt Einrichtungen, in denen mehr als 75% der betreuten Kinder zu Hause als Familiensprache nicht Deutsch sprechen. Von allen Kindern mit nicht deutscher Familiensprache in Tageseinrichtungen sind in Westdeutschland immerhin 11% mit dieser Situation konfrontiert. Weitere 23% der Kinder mit nicht deutscher Familiensprache besuchen Tageseinrichtungen, in denen 50 bis 75% der Kinder nicht Deutsch als Familiensprache sprechen (...). Somit wird jedes dritte Kind, das zu Hause vermutlich wenig Deutsch spricht, in einem Umfeld betreut, in dem die Deutsch sprechenden gleichaltrigen Kinder in der Minderheit sind. Eine alltagsnahe Sprachförderung wird dadurch erheblich erschwert. Da diese Segregationstendenzen zumeist ein Abbild der nahräumlichen Wohnumwelt der Familien und ihrer Kinder sind, lässt sich eine stärkere Durchmischung der Einrichtungen nur selten realisieren. In diesen Situationen ist eine gezielte Sprachförderung erforderlich, die mit einem erhöhten Personaleinsatz in den Alltag der Kinder integriert ist. Die Segregationstendenzen können auch noch stärker ausfallen als das Wohnumfeld es erwarten lässt, da die Eltern die Tageseinrichtung frei wählen können und die Träger der Einrichtungen ihrerseits Kriterien für die Aufnahme festlegen können.“ (ebd., S. 53.)
[18] „Hierzu zählen etwa die Beschäftigung von Migrantinnen und Migranten, der Erwerb von Grundkenntnissen in den Sprachen der Kinder durch das Personal, der Einsatz zweisprachiger, ehrenamtlicher Elternbegleiter, spezielle, berufsbegleitende organisierte Weiterbildungsprogramme für Migrantinnen und Migranten zu staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern. All diese Bemühungen haben bislang jedoch nur punktuellen Charakter und sind in der Landschaft der Kindertagesbetreuung noch nicht angekommen.“ (Fuchs-Rechlin, S. 47)
[19] Vgl. Interkulturelles Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung – Konsequenzen für die Kindertagesbetreuung. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2./3. Dezember 2010)
[20] Vgl. Schröer (2011).
[21] Vgl. Mund, Petra (2011): Katalysator für Integration: die Kinder- und Jugendhilfe, In: Sozialmagazin, H. 7-8/2011, S. 16-23.
[22 Vgl. Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. (ism): Kernbefunde aus dem Projekt „Migrationssensibler Kinderschutz“ (http://www.familien-mit-zukunft.de/doc/doc_download.cfm?
uuid=E21F5BA3C2975CC8A77976A8535F30D7&&IRACER_AUTOLINK&&).
[23] Vgl. Seckinger, Mike; Pluto, Liane; Peucker, Christian; Gadow, Tina (2009): DJI – Jugendverbandserhebung. Befunde zu Strukturmerkmalen und Herausforderungen.
[24] Vgl. Settelmeyer (2011).
[25] Transnationalität ist dadurch charakterisiert, dass Wissens- und Handlungsformen quer zu nationalstaatlichen Grenzen verlaufen und ihre geographischen und sozialräumlichen nationalen Bezugspunkte erweitern beziehungsweise verlieren. (Vgl. Schröer, Wolfgang; Schweppe, Cornelia: Transnationalität und Soziale Arbeit; In: Otto, H.-U.; Thiersch, H. (Hrsg.), 2011: Handbuch Soziale Arbeit, München und Basel, S. 1686-1694
[26] „Der gesellschaftliche Diskurs im Hinblick auf Migration bewegt sich im Spannungsfeld von Assimilation, Multikulturalität und Transkulturalität. Während unter Assimilation die vollständige Anpassung an das Aufnahmeland bis hin zur Aufgabe der eigenen Sprache, Sitten und Gebräuche verstanden wird, steht das Konzept von Multikulturalität für das Nebeneinander diverser ethnischer Gruppen. Eine transkulturelle Gesellschaft ermöglicht dagegen den Austausch unterschiedlicher Lebensformen und das Entstehen neuer Formen kulturellen Zusammenlebens.“ (Kinder. Jugend. Zukunft: Perspektiven entwickeln – Potenziale fördern! Kinder- und jugendpolitisches Leitpapier zum 14. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, April 2011)
[27] Vgl. Homfeldt, Hans Günther; Schmitt, Caroline: Transnationalität als Herausforderung für die Jugendhilfe, In: Jugendhilfe, H. 6/2010, S. 295-303.
[28] Vgl. Latorre, Patricia; Zitzelsberger, Olga (2011): MSOs – Warum sie so wichtig sind. Auch für die Soziale Arbeit, In: Migration und Soziale Arbeit, H. 3/2011, S. 204-216.
[29] Empfehlungen des Deutschen Vereins zur erfolgreichen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund durch die Kinder- und Jugendhilfe (8. Dezember 2010), S. 25f.