Qualifizierung von Fachkräften für die Kinder- und Jugendhilfe

Bestandsaufnahme und Anregungen zur Diskussion der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ)

Bestandaufnahme als PDF

 

Vorbemerkung

In den Debatten zu den Qualifikationsprofilen des in der Sozialen Arbeit beschäftigten Personals wie auch zu den Qualifikationsformen und -ebenen fokussieren sich die alten und neuen disziplinären und professionsbezogenen Herausforderungen des sozialen Dienstleistungsbereiches. Aktuelle Entwicklungen und damit einhergehende, grundlegende Veränderungen im Qualifizierungsspektrum für die Soziale Arbeit erfordern eine intensive und breite Diskussion sowohl zwischen den verschiedenen Qualifizierungsebenen und -anbietern als auch zwischen Qualifizierung und Praxis. Die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe bietet dafür ein Forum und regt an, die begonnene Auseinandersetzung weiter zu führen, auch um über den Blick auf die Qualifizierungslandschaft langfristig die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe weiter entwickeln zu können.

Das vorliegende Papier ist eine Bestandsaufnahme mit Anregungen zur Weiterentwicklung der derzeitigen Qualifizierungslandschaft für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe. Dabei konzentriert sich die Befassung weitgehend auf strukturelle Fragen der Qualifizierung, Fragen zur inhaltlichen Ausgestaltung von Ausbildung und Studium sind nicht Gegenstand der hier wiedergegebenen Diskussion.


Bestandsaufnahme

1. Strukturmerkmale[1]

Im Sog gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse unterliegt auch die Qualifizierungslandschaft zur Kinder- und Jugendhilfe seit einigen Jahrzehnten einem gerade im Bereich der tertiären Bildung allgemein feststellbaren Prozess der quantitativen Expansion und qualitativen Differenzierung. Darüber hinaus sind die Qualifikationswege zur Kinder- und Jugendhilfe durch einige, teilweise bis zu den institutionellen Anfängen zurückzuverfolgende Strukturmerkmale geprägt, die eine Systematisierung erschweren und zu einem vielfältigen und heterogenen Gefüge geführt haben. Vier spezifische Strukturmerkmale prägen die Qualifizierungslandschaft bis heute:

(a) Normalisierung, Ausdifferenzierung und Akademisierung
Während in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts soziale Berufe in Deutschland noch eher ein Schattendasein fristeten, sind sie heute anerkannte Berufe. Im Kontrast zu vergleichbaren Berufssegmenten fand die Ausbildung zur Kinder- und Jugendhilfe jedoch erst relativ spät zu der für moderne Berufsgruppen typischen Struktur, die sich über eine fachliche Ausdifferenzierung, interne Hierarchisierung und wissenschaftliche Fundamentierung kennzeichnen lässt. Diese oft als Erfolgsgeschichte beschriebene Entwicklung ist jedoch nur die glänzende Seite der Medaille. Dem steht gegenüber, dass im Laufe der Normalisierung gleichfalls das Prinzip der sozialpädagogischen Qualifizierung „aus einer Hand“ aufgegeben wurde und die verschiedenen Qualifizierungsformen im Laufe der Zeit zunehmend eine je eigene Logik entwickelten. Zwar hat die Entwicklung der letzten 30 Jahre neben einem enormen zahlenmäßigen Zuwachs der beruflich in der Kinder- und Jugendhilfe Tätigen auch eine quantitative Verbesserung hin- sichtlich deren Qualifikation gebracht, so dass einerseits von einer zunehmend stabileren Verfachlichung sowie von einer zunehmenden Tendenz der Professionalisierung des Personals gesprochen werden kann. Dennoch müssen auf der anderen Seite weiterhin Gefahren von Dequa- lifizierungsentwicklungen im Blick bleiben.[2]

(b) Geschlechterspezifik
Die Kinder- und Jugendhilfe ist eine klassische Frauendomäne. Umso mehr fällt auf, dass je statushöher die berufliche Tätigkeit angesiedelt ist, der Anteil männlicher Fachkräfte im Ver- gleich zu dem ihrer Kolleginnen verhältnismäßig höher liegt. Das gilt erst recht für den Ausbildungsbereich. Während der Anteil der Schülerinnen und Studentinnen an den entsprechen- den Berufsfach-, Fach- und Hochschulen je nach Ausbildungsbereich zwischen 95 % und 70 % schwankt, sind an den Berufsfachschulen für Kinderpfleger bzw. Kinderpflegerinnen über 78 %, an Fachschulen für Erzieher bzw. Erzieherinnen 60 %, im universitären Mittelbau in den Erziehungswissenschaften 46 % Frauen beschäftigt und liegt schließlich der Anteil der weib- lich besetzten Professuren zum Beispiel in den Erziehungswissenschaften bei 23 %. Das quantitative Missverhältnis zwischen männlichen Lehrenden und weiblichen Lernenden ist nicht al- lein in der Ausbildung für die soziale Arbeit anzutreffen. In diesem Arbeitsfeld wirkt zusätz- lich die Geschichte der sozialen Arbeit als einer herausragenden Domäne weiblicher Berufsarbeit bis heute nach: Einerseits haben Frauen die soziale Arbeit wesentlich aus- und mitgestaltet. Auf der anderen Seite wurden berufliche Kompetenzen auch direkt oder indirekt aus der traditionellen Frauenrolle - der „natürlichen“ Affinität von Frauen zur Beziehungsarbeit – abgeleitet, so dass sich neben persönlichen und fachlichen, auch geschlechtsspezifisch zugeschriebene Kompetenzen deutlich im Tätigkeitsprofil, etwa der Erzieherin, niederschlagen konnten. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind geringerer Status und Bezahlung ent- sprechend der gesellschaftlichen Minderbewertung weiblicher Arbeit gegenüber männlicher – nicht zufällig erzeugt „Feminisierung“ eines Berufsfeldes die Gefahr der Abwertung desselben.

 

(c) Pluralität der Ausbildungsebenen, der Träger sowie der bildungspolitischen Akteure und Instanzen
Die Qualifizierungslandschaft in der sozialen Arbeit zeichnet sich durch große Heterogenität und Differenziertheit der Ausbildungs- bzw. Studiengänge sowie deren jeweilige Zugangsvor- aussetzungen aus. Kommunen, Länder, Kirchen, und Freie Wohlfahrtspflege sowie kommerzielle Anbieter sind Träger von Berufsfachschulen, Fachschulen, Fachhochschulen und Uni- versitäten. Nicht nur die Kinder- und Jugendhilfe selbst, sondern auch die für sie qualifizierende Ausbildung ist in Deutschland seit ihren Anfängen eng mit der herausragenden Bedeutung freier Träger verbunden. Dies stellt einerseits einen Garanten für die enge Verzahnung von Ausbildung und beruflicher Praxis dar, ist jedoch andererseits ein Strukturprinzip, das zu der Komplexität der Qualifizierungslandschaft beiträgt. Eine weitere Traditionslinie trägt zu die- sem heterogenen Bild bei: die Bereiche Jugendhilfe und Kultus fallen im föderalen System der Bundesrepublik in das Zuständigkeitsgebiet der Länder, was zu einer uneinheitlichen Vertei- lung der Regelungskompetenzen und zu einer kaum systematisierbaren Fülle von Sonderent- wicklungen geführt hat. Auf Bundesebene fungiert die Kultusministerkonferenz (KMK) als zentrale Koordinationsstelle bei dem Bemühen, einheitliche Ausbildungsregelungen zu vereinbaren. Dabei zeigte sich jedoch in der Vergangenheit, dass die hier beschlossenen Rahmenver- einbarungen – da sie nur empfehlenden Charakter haben – lediglich eine vorübergehende Sicherstellung der gegenseitigen Anerkennung der Ausbildungsabschlüsse und eine tendenzielle Angleichung der Ausbildungsunterschiede zwischen den Ländern erreichen konnten. Weitergehende und grundlegendere Reformbemühungen liefen dagegen ins Leere und wurden von der Dynamik innerhalb der Länder rasch überholt.

(d) Das Spannungsfeld von Theorie und Praxis
Die verschiedenen Akteure der Qualifizierung zur Kinder- und Jugendhilfe sehen sich mit ei- nigen grundsätzlichen Fragestellungen konfrontiert, die die Diskussionen um die inhaltliche und formale Gestaltung sowie die Zukunft der verschiedenen Qualifizierungsgänge bestim- men. Die jeweils an den unterschiedlichen Qualifizierungsorten realisierten Lern- und Bildungsarrangements fallen vielfältig aus. Insgesamt gesehen etablierte sich die Qualifizierung zur Kinder- und Jugendhilfe in einem Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis, zwischen unterschiedlich gewichteten wissenschaftlich-disziplinären Zugängen und professionsbezoge- nen Erfordernissen. Ein Spannungsfeld zwischen methodisch-technischen Zugängen und einer reflexiven Parteilichkeit sowie zwischen dem Anspruch, universell generalistisch wie fachlich einschlägig spezialisiert zu qualifizieren.


2. Problemlagen und Entwicklungen der unterschiedlichen Qualifizierungsebenen

Die Qualifizierungen auf Berufsfachschul-, Fachschul-, Fachhochschul- und universitärer Ebene bieten den Absolventinnen und Absolventen unterschiedliche berufliche Perspektiven. Sowohl die Zuschnitte der jeweiligen Tätigkeitsbereiche als auch die Qualifizierungen selbst sind mit unter- schiedlichen Entwicklungen konfrontiert, die alte und neue Problemlagen eröffnen:

(a) Auf Berufsfachschulebene
ist herauszustellen, dass die Berufsaussichten für Kinderpflegerinnen stark konjunkturabhängig sind, sie besonders bei Fachkräftemangel und in von Sparmaßnahmen geprägten Zeiten als kostengünstige Arbeitskräfte nachgefragt werden. Zudem dienen einige Berufsfachschulen in manchen Fällen als Ort, an dem schulische Warteschleifen durchlaufen werden mit dem Ziel, sich für den eigentlich anvisierten Besuch einer Fachschule, die oft ein bestimmtes Mindestal- ter der Auszubildenden fordert, zu qualifizieren.

Vor diesem Hintergrund entwickelten sich in den letzten Jahren Reformbestrebungen, eine sozialpflegerische Grundausbildung gemeinsam für Kinderpflege, Altenpflege, Haus- und Familienpflege sowie Heilerziehungspflege zu etablieren. Hierbei sind vor allem die seit einiger Zeit bestehenden Sozialassistenz-Ausbildungsgänge zu nennen. Sie ermöglichen in den meis- ten Bundesländern eine breite, auf niedrigem Niveau angesiedelte sozialberufliche Orientierung und führen in die Berufsfelder Kindertagesbetreuung/Tagespflege, Offene Kinder- und Jugendarbeit und Heimerziehung ein. Diese Ausbildung ist curricular über gleiche Fächerzu- sammenlegungen weitgehend der auf sie – in einigen Bundesländern gezielt – aufbauenden Erzieherinnen- und Erzieherausbildung angepasst.

Allerdings ist in diesem Qualifizierungsgang in der Regel kein Tätigkeitsprofil zugeordnet und den Absolventinnen und Absolventen – wie den weiter ausgebildeten Kinderpflegerinnen und - pflegern – wird der Status der Zweitkraft in den sozialpädagogischen Einrichtungen zugebilligt. Damit bleibt angesichts der kurzen – zudem schulisch geprägten – Ausbildungszeit einerseits und der weit reichenden Bedeutung professionell ausgestalteter frühkindlicher Sozialisa- tionsfelder andererseits die Diskussion um die fachliche Vertretbarkeit einer pädagogischen Helferinnen-Ebene auf der Agenda.

(b) Die fachschulische Ausbildung
zur Erzieherin bzw. zum Erzieher befindet sich – strukturell gesehen – in einer misslichen „Zwitterlage“, da sie prinzipiell eine vorherige Berufsausbildung voraussetzt, also dem tertiä- ren Bildungssektor zuzurechnen ist, faktisch jedoch dort überwiegend Schüler und Schülerin- nen ausgebildet werden, die über keine abgeschlossene berufliche (Erst-) Ausbildung verfügen. Dieses Strukturdefizit versuchten die einzelnen Bundesländer mit jeweils spezifischen Zu- gangsregelungen zu schließen, mit dem Ergebnis, dass sich in der Frage der beruflichen Vor- bildung inzwischen ein unüberschaubares „Regelungsdickicht“ dokumentiert. Ob die Rahmen- vereinbarung der KMK aus dem Jahre 2002 hier mittelfristig Abhilfe schaffen wird, bleibt ab- zuwarten. Immerhin ist dort vorgesehen, dass der gesamte Erzieherinnen- und Erzieherausbil- dungsweg – also einschließlich der beruflichen Vorbildung – in der Regel fünf, mindestens je- doch vier Jahre dauert, wobei die Fachschulausbildung selbst drei, mindestens jedoch zwei Jahre umfassen soll. Tatsächlich benötigen derzeit angehende Erzieher und Erzieherinnen in fast allen Bundesländern drei Jahre, davon sind zwei Jahre schulische Ausbildung, der sich ein Anerkennungsjahr anschließt. Die Möglichkeit zum beruflichen Quereinstieg (Externenprüfung) und zur Ausbildung in Teilzeitform ist ebenso gegeben wie die Absolvierung zusätzlicher Lehrangebote, um die Fachhochschulreife zu erlangen.

Grundsätzlich erscheint in diesem Kontext auch die Erinnerung an die Qualifikationen des Lehrpersonals an den Fachschulen notwendig. Bis heute ist das Lehrpersonal von der Qualifi- kation her gesehen an den Berufsfachschulen, Fachschulen und Kollegs mit einem sozialpäda- gogischen Profil sehr heterogen. Unter anderem findet diese Situation in der Tatsache ihren Grund, dass in den meisten Bundesländern ein Lehramtsstudium mit dem Fach Sozialpädagogik nicht vorgehalten wird. In den meisten Bundesländern werden Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums der beruflichen Fachrichtung Sozialpädagogik zwar bevorzugt, doch die jeweilige Einstellungspraxis in den Bundesländern divergiert erheblich. Vor diesem Hintergrund ist an die entsprechenden Beschlüsse der KMK zu erinnern, die grundsätzlich von dem Lehrpersonal an Fachschulen für Sozialpädagogik die Absolvierung eines fachlich einschlägigen, sozialpädagogischen Lehramtsstudiums voraussetzen.

Der Berufsabschluss der Erzieherin bzw. des Erziehers stellt bei vergleichbarem Qualifikati- onsprofil in Europa das Schlusslicht auf einem formal niedrigeren sekundären bzw. „postse- kundären“ Niveau gegenüber hochschulausgebildeten Fachkräften im Bereich der frühkindlichen Erziehung dar. Damit wird ein großer Teil sozialpädagogischer Fachkräfte in Deutschland unterhalb ihrer tatsächlichen Qualität gehandelt und deutsche Absolventinnen verfügen im EU-Binnenraum insgesamt über schlechtere Wettbewerbschancen.

(c) Auch den hochschulgebundenen Qualifizierungswegen
steht die Bewältigung enormer Probleme bevor. Dies betrifft sowohl die sozialpädagogischen und sozialarbeiterischen Fachhochschulstudiengänge wie auch die universitären, erziehungs- wissenschaftlichen Hauptfachstudiengänge, obgleich nach wie vor die Studiengänge an den beiden Orten deutliche Divergenzen zeigen. Die Fachhochschulen bilden in der Mehrzahl in Richtung auf die berufliche Einmündung in sozialpädagogische Handlungsfelder aus. Eine Lehrtätigkeit an Fachschulen steht den Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen nur noch bedingt nach einer mehrjährigen beruflichen Praxis offen und eine Mitarbeit in der For- schung nur noch nach einem weiteren Fachstudium. Aber auch hier zeigen sich deutlich Veränderungen.

Erziehungswissenschaftliche Hauptfachstudiengänge mit dem Studienschwerpunkt Sozialpädagogik ermöglichen hingegen potenziell einen beruflichen Einstieg in drei Handlungsberei- che: Sie beanspruchen, ihre Absolventinnen und Absolventen sowohl für die sozialpädagogischen Praxisfelder, die sozialpädagogische Fort- und Weiterbildung als auch für die wissen- schaftliche Praxis der disziplinorientierten Forschung und Lehre im Fach selbst zu qualifizieren.

Im Bereich der Fachhochschulen – dies trifft partiell auch auf die universitären Hauptfachstu- diengänge zu – sind gegenwärtig zwei gegenläufige Tendenzen zu beobachten: Dem „genera- listischen“, breit angelegten Studium für alle Berufsfelder der Sozialen Arbeit steht das Modell
„Ausdifferenzierung“ in verschiedene Studienangebote entgegen, die auch angrenzende Be- rufsfelder in Bereich Gesundheit und Pflege umfassen. Mit einer im Jahr 2001 verabschiedeten Rahmenprüfungsordnung empfiehlt die KMK einen einheitlichen, achtsemestrigen und ein- phasigen (zwei Praxissemester) Studiengang Soziale Arbeit mit dem Abschluss „Dipl.- Sozialarbeiterin bzw. Dipl.-Sozialpädagoge (FH)“. Dieser langjährig vorbereitete Sachstand kann mittlerweile jedoch bereits als überholt angesehen werden. Über die beschlossene konse- quente Einführung der neuen, gestuften, berufsqualifizierenden Studiengänge werden die Stu- dienabschlüsse Bachelor und Master eindeutig favorisiert und die Frage nach der Zukunft des Diplomabschlusses für die Soziale Arbeit steht gegenwärtig nicht mehr auf der Tagesordnung. Im Rahmen des sogenannten Bolognaprozesses[3], der eine Europäisierung der Hochschullandschaft vorsieht, ist die Einführung der Studiengänge Bachelor und Master verbindlich geplant. Im Hauptgehalt zielen die Reformen darauf ab, die bundesrepublikanische Unterscheidung zwischen Fachhochschulen und Universitäten wenn auch nicht gänzlich, so doch zumindest hinsichtlich der Studienabschlüsse aufzuheben. So sinnvoll die Aufhebung dieser Differenzierung auch ist, bleibt gegenwärtig offen, inwieweit über eine Standardisierung der Studiengänge und der vergebenen Abschlüsse auch ein einheitliches, zumindest jedoch vergleichbares Quali- fikationsniveau erreicht werden kann.

Der Fachbereichstag Soziale Arbeit hat inzwischen „Empfehlungen zur Bestimmung von Basismodulen in den Studiengängen der Sozialen Arbeit“ verabschiedet.

Für die universitären Studiengänge, die für die Handlungsfelder der Sozialen Arbeit qualifizieren, geht es gegenwärtig darum, ihr Profil in den zur Zeit entwickelten Studiengängen zu ver- ankern und damit den Absolventinnen und Absolventen auch weiterhin die Möglichkeit offen zu halten, beruflich in der Kinder- und Jugendhilfe tätig zu werden. Ein Herausfallen der Sozialpädagogik aus dem Kanon der erziehungswissenschaftlichen Teilbereiche innerhalb der neuen Studiengänge würde die wissenschaftliche Akzeptanz der Sozialpädagogik und mithin auch der Kinder- und Jugendhilfe schmälern, wenn nicht sogar grundsätzlich in Frage stellen. Das von der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vorgeschlagene Kerncurriculum enthält eine Öffnung und Etablierung des sozialpädagogischen Profils und eröffnet so die Option für die Beibehaltung entsprechender Qualifizierungsmodule.


3. Aufgaben- und Kompetenzprofile im Wandel

Die skizzierten Entwicklungslinien und Strukturschwächen innerhalb der Qualifizierungslandschaft für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe wiegen umso schwerer, als dass die fachlichen Herausforderungen, denen sich die beruflich Tätigen in ihren alltäglichen Arbeitszusammenhängen zu stel- len haben, insgesamt zugenommen haben, unübersichtlicher geworden sind und anspruchsvoller ausfallen. Beispielsweise führten und führen fachkonzeptionelle und -methodische Weiterentwicklungen (bspw. Sozialraum- und Netzwerkorientierung, Regionalisierung und Lebensweltorientierung) und die Implementierung der sogenannten Neuen Steuerung zu einem gestiegenen Anforderungsprofil hinsichtlich sozialanalytischer und sozialplanerischer, organisatorisch- verwaltungstechnischer, betriebswirtschaftlicher, kooperativ-moderierender und vor allem insgesamt reflexiv-professioneller Kompetenzen in weiten Teilen der Kinder- und Jugendhilfe, auf die unterschiedliche Qualifizierungen insgesamt bisher nur unzureichend vorbereiten. Dies gilt auch für die wachsende Notwendigkeit, kompetent mit anderen Fachdisziplinen zu kooperieren.

Auch im Kontext der Bemühungen um eine Bildungsreform in Deutschland ergeben sich veränderte Anforderungen für die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe. Zum einen reklamiert Kinder- und Jugendhilfe einen erweiterten Bildungsbegriff für die außerschulische Bildungsarbeit und fordert eine Neuvermessung der Bildungslandschaft zwischen Schule und Jugendhilfe. Zum anderen stellt sich verschärft die Frage nach der Bedeutung von Bildung im frühkindlichen Bereich. Durch einen erstarkten Bildungsauftrag, den die Kinder- und Jugendhilfe in ihren unterschiedlichen Handlungsfeldern wahrnehmen soll und will, ergeben sich zwangsläufig auch Konsequenzen für die Qualifizierung der Fachkräfte der Kin- der- und Jugendhilfe. Die verstärkte Einführung von Ganztagsschulen bringt weitere Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe mit sich.

Im Zuge der Globalisierung im Allgemeinen und des europäischen Einigungsprozesses im Speziellen entwickeln sich auch weiterhin soziale Problemlagen, die sich aus der Migrations- und Fluchtproblematik ergeben, sowie generell sozialstaatliche Regelungen grenzüber- greifend Gültigkeit besitzen. Um diese angemessen in den Blick nehmen, einschätzen und darauf fachlich reagieren und gestalten zu können, bedarf es der ständigen Revision und Neuorientierung der Inhalte und Lernformen.

Damit einher gehen Verunsicherungen hinsichtlich der Ausprägung einer fachlichen Berufsrolle und professionellen Identität, die nicht zuletzt auch eine gesellschaftliche Wertschätzung wiedergibt. So finden sich veränderte Anforderungen und Aufgaben in veränderten Berufs- und Tätig- keitsprofilen wieder. Die Tarifstrukturen werden in vielen Fällen nicht mehr den tatsächlichen An- forderungsprofilen gerecht. Von den Fachkräften wird zwar die Bewältigung gestiegener Anforde- rungen in Aus-, Fort- und Weiterbildung erwartet, im Tarifsystem bilden sich die geforderten hö- herwertigen Tätigkeiten allerdings nicht ab. In der Regel sind Arbeitsverhältnisse in der Kinder- und Jugendhilfe gekennzeichnet von tariflicher „Benachteiligung“ der Fachkräfte, da vom geforder- ten Qualifizierungsniveau weitgehend unabhängig formulierte Tätigkeitsprofile die Vergütung bestimmen. Hinzu kommen befristete oder geringfügige Vertragsverhältnisse und Arbeitsverhält- nisse aus der Arbeitsförderung (ABM) und demnächst wohl auch noch Ich-AGs und Personalserviceagenturen.


4. Kernfragen der gegenwärtigen Debatte

In den aktuellen Diskussionen um eine Neukonturierung der Qualifikationsebenen für Soziale Berufe, die sich insbesondere auf die Entwicklungen im Kontext des Bolognaprozesses und auf die De- batte um die Akademisierung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung beziehen, haben sich einige Kernfragen als wesentlich heraus geschält. Forderungen nach einer Ausweitung der Durchlässig- keit der verschiedenen Ausbildungsgänge und einer Intensivierung der Kooperationen zwischen den unterschiedlichen Qualifizierungswegen (a) sind als relevant anzusehen, ebenso die Einführung von Modulen und Kreditpunkten für alle Qualifizierungsbereiche (b) und die Diskussion um Standards (c). Darüber hinaus gewinnen auch Fragen des Gender Mainstreaming (d) sowie Multikulturalität und Internationalität (e) in den Qualifizierungswegen für die Soziale Arbeit an Bedeutung.


(a) Durchlässigkeit, Kooperation und Profilbildung
Damit ist die Forderung nach einem flexiblen, durchlässigen System von unterschiedlichen Qualifizierungsgängen gemeint, in dem Bedingungen für den Erwerb von zertifizierten Qualifikationen geschaffen werden, deren Inhalte horizontal und vertikal auf andere Qualifizierungsgänge und Abschlüsse strukturell anrechenbar sind. Erworbene Kompetenzen sollen dabei sinnvoll an weitere Qualifizierungs-, Fort- und Weiterbildungsinhalte sowie an weiterführende Zertifikationen anschließen. Eine Verzahnung der Bildungsstufen und Bildungswege ist in Bezug auf die Entwicklung von Lebensberufsperspektiven sinnvoll und offeriert tendenziell die Möglichkeit, Abschlüsse sowie weiterführende Zertifikate zeitunabhängiger zu erwerben. Der Ausstieg aus und Wiedereinstieg in Bildungsgänge, die Abwechslung von Arbeits-, Fami- lien- und Lernphasen wird so erleichtert und die individuelle Planung des Berufs- und Qualifizierungsweges kann so erleichtert werden. Sackgassen beruflicher Karrieren können so eher vermieden werden. Anzustreben sind Kooperationsformen zwischen den unterschiedlichen Lernorten der Qualifizierung für die Handlungsfelder der Sozialen Arbeit. Hierbei ist sowohl an neue Formen der Einbeziehung von Praxis wie an neue Varianten der Zusammenarbeit zwischen fachschulischen und hochschulischen Qualifikationswegen zu denken. Anzustrebende Qualifizierungsverbünde haben die Stärken der jeweiligen Qualifizierungsformen sinnvoll zu steuern und zu profilieren.

Voraussetzung für die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Qualifizierungsebenen ist die Festlegung von eindeutig kodifizierten Mindestqualifikationen für den Einstieg in das berufsbezogene wie hochschulische Qualifizierungssystem für Soziale Berufe sowie die

(b) Modularisierung
dieses Systems insgesamt: Die Module sind hierzu so zu konzipieren, dass sie flexibel und strukturell aufeinander bezogen werden können, also einzelne Bausteine in unterschiedlichen Bildungsgängen und Qualifizierungseinrichtungen erworben beziehungsweise angerechnet werden können. Im Sinne des lebensbegleitenden Lernens können so grundständige Qualifizierungen sowie zertifizierende Fort- und Weiterbildungen aufeinander bezogen werden. In einem Kreditpunktesystem wäre zu definieren, welche Anzahl von Kreditpunkten zu welchem Abschluss führt und inwieweit bei entsprechenden Regelungen auch Qualifizierungsinhalte aus unterschiedlichen Ebenen und Institutionen untereinander anschlussfähig werden können. Das Konzept einer Modularisierung der Qualifizierung für Berufe der Sozialen Arbeit erfordert ei- nen Konsens aller Beteiligten über Inhalte und Zulassungsvoraussetzungen zu den verschiedenen Bildungsgängen und -abschlüssen. Gegenwärtig stehen allerdings die unterschiedlichen Zuständigkeiten und Zugangsvoraussetzungen für einzelne Bildungswege der Implementie- rung eines solchen Modells entgegen. Notwendige Standards und Kriterien für die inhaltliche Strukturierung wären im Zusammenhang mit der Entwicklung von Qualifikationsprofilen zu bestimmen. Konsens besteht darin, dass bei der Entwicklung von Qualifikationsprofilen die Diskussion nicht allein arbeitsmarktorientiert sein darf, sondern wesentlich von berufsrelevanten und berufsqualifizierenden Überlegungen bestimmt werden sollte, auch um die

(c) Entwicklung fachlicher Standards
zu befördern: Bei unterschiedlicher Profilbildung und Eigenständigkeit der Bildungsträger und -wege ist ein vergleichbares Niveau der Qualifizierungen zu gewährleisten und weiter auszubauen. Die Träger der unterschiedlichen Qualifizierungen sind zu verpflichten, über die Quali- tät ihrer Angebote und Leistungen Auskunft zu geben. Hierbei kann insbesondere durch eine Verständigung auf bundesweite Standards gewährleistet werden, dass vergleichbare Niveaus der Qualifizierung gesichert werden. Bei der Neuorientierung der Qualifizierungswege, deren Ziel letztendlich eine Qualitätssteigerung sein sollte – notwendig auch, um den gesteigerten Anforderungen der beruflichen Praxis gerecht werden zu können – kann Standardbildung allerdings nicht nur die Sicherung eines Mindestniveaus bedeuten. Wer Qualität will, muss auch bereit sein, die dafür notwendigen Ressourcen bereit zu stellen. Die Entwicklung von Standards hat keineswegs eine normierende Funktion, sondern dient dazu, der weiteren Zerfase- rung der bisherigen Qualifizierungsformen in eine nicht mehr überschaubare Anzahl von Spezialqualifizierungen entgegen zu wirken.

(d) Gender Mainstreaming
Handlungsfelder und Qualifizierungswege des Personals für die Kinder- und Jugendhilfe werden von den geschlechterspezifischen Formen gesellschaftlicher Ressourcen- und Machtverteilung bestimmt. Die geschlechtsspezifische Schieflage lässt sich an der Personalstruktur der Kinder- und Jugendhilfe ablesen, die davon geprägt ist, dass sowohl in den östlichen als auch in den westlichen Bundesländern weit über 80 % der Beschäftigten Frauen sind und sich „rollentypisch“ etabliert haben. Als „Frauenberuf in Männerregie“ werden Tätigkeiten wie „Leitung“ und „Planung“ häufiger von Männern ausgeübt, während „Interaktions- und Beziehungsarbeit“ in der Regel in die Zuständigkeit von Frauen fällt. Daneben sind Arbeitsplatzsicherheit, Einkommenshöhe, Aufstiegschancen und gesellschaftliche Wertschätzung der Tätigkeiten auch in der Kinder- und Jugendhilfe nicht frei von geschlechtsspezifischen Variabeln. Insbesondere Ansätze der Modularisierung und Durchlässigkeit kommen den oft nicht linear verlaufenden Berufsbiographien von Frauen entgegen. Ausbildungen können so unterbrochen oder aber in verschiedenen Stufen absolviert werden. Chancen zum beruflichen Wiedereinstieg oder zur Höherqualifizierung werden so erleichtert. Für Berufstätige männlichen Geschlechts könnten die Berufsfelder zudem durch die verbesserten Möglichkeiten zur Höherqualifizierung attraktiver werden.

(e) Interkulturalität und Internationalität
Die Frage der Internationalisierung und Interkulturalität der Qualifizierungswege ist vielschichtig. Eine Intensivierung der Aufmerksamkeit für internationale und interkulturelle Fra- gen ist so nicht nur bezogen auf die Qualifizierungsinhalte, sondern auch bezogen auf die sozialen, kulturellen und ethnischen Hintergründe von Lehrenden und Absolventen und Absolven- tinnen angebracht. Hierüber böte sich die Chance, die derzeit oft ungenutzten Potenziale von Fachkräften mit Migrationshintergrund – Bilingualität und Bikulturalität – fachlich stärker zu betonen. Zudem sind die Qualifizierungsformen stärker auf die Internationalisierung der hochschulischen und nichthochschulischen Ausbildungswege abzustimmen.


Empfehlungen und Aspekte einer möglichen Weiterentwicklung

Auf der Basis der kritischen Analyse der gegenwärtigen Qualifizierungslandschaft hält die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe folgende Reformen für diskussionswürdig. Es wird dabei betont, dass es sich um mittelfristige und längerfristige Entwicklungen handelt, die vor dem Hintergrund der derzeitigen Situation als aufeinander aufbauend bzw. nachfolgend zu betrachten sind.

Fachhochschulreife als Eingangsvoraussetzung für Fachkräfte

Zur Stabilisierung und Entwicklung der Qualität der gegenwärtigen sozialpädagogischen Fach- schulausbildungen sollte angestrebt werden, die Fachhochschulreife, die wie bisher auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, als Eingangsvoraussetzung zum Einstieg in eine modularisierte und auf Durchlässigkeit bedachte Fachschulebene festzuschreiben. Die Qualifizierungen auf Fachschulebene würden in diesem Fall die unterste Stufe eines partiell modularisierten, auf Durchlässigkeit bedachten und im Kern kooperativ ausgerichteten Qualifizierungssystems für Soziale Berufe darstellen.

Die zertifizierten Ausbildungen auf Berufsfachschulebene für die Felder der Sozialen Arbeit sind als sozialpädagogische Qualifizierungen unterhalb des fachlich einschlägigen Niveaus einzustufen. Sie befähigen die Absolventinnen und Absolventen zu sozialpädagogischen Hilfstätigkeiten, nicht jedoch zu eigenverantwortlichen und selbstständigen Tätigkeiten in den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe und sind nicht Teil einer modularisierten Qualifizierung.

Längerfristige Akademisierung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern

Erzieherinnen und Erzieher stellen die größte Berufsgruppe in den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe, sie tragen wesentlich zur Verfachlichung der Sozialen Arbeit insgesamt und der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere bei. Eine Höherqualifizierung und -bewertung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern erscheint vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Diskussionen und der Anforderungen notwendig und angebracht.

Im Zuge der Reform und Neuordnung der fachschulischen Erzieherinnen- und Erzieherausbildung und der akademischen Qualifizierungslandschaft ist die hochschulnahe Neuverortung beziehungs- weise Integration der sozialpädagogischen Fachschulausbildung in das System der akademischen Qualifizierungslandschaft anzustreben. Denkbar erscheinen hier zwei Optionen: Eine Möglichkeit wird in der Einbindung der Fachschulen in die Hochschulen als „angegliederte Institutionen“ (A- ninstitutionen) gesehen. In diesem Modell könnte die bisherige Ausbildungsstruktur der Fachschul- qualifikation gesichert werden und durch die Anbindung an Hochschulen die Modularisierung der Qualifizierungslandschaft erleichtert werden. Eine zweite Möglichkeit wird in der Integration der bisherigen Erzieherinnen- und Erzieherausbildung in die Hochschulen gesehen.

Verbindliche Qualifizierungsstandards für Lehrpersonal

Für alle Qualifizierungsformen für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sollten Qualifizierungsstandards für das jeweilige Lehrpersonal festgelegt werden. Für die derzeitige sozialpädagogische Ausbildung an Fachschulen sollte nur Lehrpersonal, das neben Berufsfeldkenntnis auf den erfolg- reichen Abschluss eines einschlägigen Lehramtsstudiums verweisen kann, eine Lehrbefugnis für die Kernfächer der sozialpädagogischen Fachschulausbildung erteilt werden. Den Bundesländern, die bisher kein fachspezifisches Lehramtsstudium vorhalten, wird eine Einrichtung dessen empfohlen, um damit der Rahmenvereinbarung der KMK von 1993 gerecht zu werden.

Keine fachlich ausdifferenzierten grundständigen Studiengänge

In der akademischen Qualifizierung sind breiter angelegte, fachlich einschlägig ausdifferenzierte Studiengänge vor spezialisierten Kurzzeitstudiengängen zu favorisieren. Ein wie auch immer konzipierter BA-Studiengang, wenn er für die Handlungsfelder der Sozialen Arbeit allgemein und die Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zu qualifizieren beabsichtigt, muss in seinen Kernelementen deutlich sozialpädagogisch ausgewiesen sein und nicht lediglich Teilbereiche der Sozialen Arbeit – beispielsweise die Fallorientierung oder das Sozialmanagement – als Qualifizierungsmodule prä- sentieren. Eine ausdifferenzierte Spezialqualifikation stellt keine grundständige Qualifizierung dar. Master-Studiengänge sollten Studierende so qualifizieren, dass sie auf der Basis wissenschaftlich ausgewiesener Kompetenzen reflexiv sowohl Leitungsfunktionen innerhalb der Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe wahrnehmen, als auch in der Forschung sowie der Qualifizierung und Fort- und Weiterbildung sich engagieren können. Auf ein Themenfeld oder besondere methodische Zugangsformen eng geschnittene Spezialisierungen und Profilbildungen sollten Weiterbildungs- und Spezialstudiengängen sowie der Fort- und Weiterbildung vorbehalten bleiben.

Klare Zuordnung von Qualifizierungen und Tätigkeitsbereichen

Im Kontrast zu anderen Arbeitsbereichen sind die einzelnen Qualifikationsniveaus für Tätigkeiten in der Sozialen Arbeit und somit auch der Kinder- und Jugendhilfe nicht mit spezifischen Profilen für konkrete Beschäftigungsfelder und -aufgaben versehen. Die Ausbildungs- und akademische Qualifizierungslandschaft ist formal auf der Zertifikationsebene zwar gestuft, in der Einstellungspraxis spiegeln sich die unterschiedlichen Qualifikationen in der Regel jedoch nicht. Eine Reform der Qualifizierungslandschaft ist auch vor diesem Hintergrund dringend geboten. Sie hätte einer- seits die Durchlässigkeit oberhalb der Fachschulabschlüsse zwischen den unterschiedlichen Qualifi- zierungsstufen neu zu definieren und andererseits zugleich konkreter als bisher eine Orientierung zu publizieren, aus der ersichtlich wird, welches Qualifikationsniveau für welche Beschäftigungs- und Arbeitsfelder sowie konkreten Tätigkeitsbereiche mindestens erforderlich ist. Dies scheint auch deutlicher als bisher zwischen den gängigen hochschulischen Qualifikationsstufen notwendig, insbesondere vor dem Hintergrund der Implementierung neuer Studiengänge und -modelle.

Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe

Osnabrück, Juni 2004

 

 

[1] Küster, Ernst-Uwe „Qualifizierung für die Soziale Arbeit“. In: Thole, W. (Hrsg.): „Grundriss Sozialer Arbeit“. Opladen 2002, S. 817 – 842
Sachverständigenkommission Elfter Kinder- und Jugendbericht (Hrsg.): „Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe: Eine Bestandsaufnahme“. München 2002
[2] In der einschlägigen Literatur wird mit Verfachlichung der steigende Anteil von Personal mit einer fachlich ein- schlägigen sozialpädagogischen Ausbildung, also Erzieher und Erzieherinnen, Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulstudiengängen der Sozialen Arbeit und Diplom-Pädagoginnen und Pädagogen mit sozialpädagogi- schen Schwerpunkten beschrieben, mit Professionalisierung der steigende Anteil von Personal mit einem als ein- schlägig anzusehenden Studienabschluss.
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe bleiben in diesem Papier ausdrücklich unberücksichtigt.
[3] Im Juni 1999 unterzeichneten 29 europäische Bildungsminister die Bologna Erklärung zur Schaffung eines europäi- schen Hochschulraums bis zum Jahre 2010 und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas als Bildungsstand- ort weltweit. Die Minister bekräftigten in der Bologna-Erklärung ihre Absicht, unter anderem die Schaffung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen. In der Folgekonferenz in Berlin im September 2003 wurde eine Ein- haltung des Zeitplans nachdrücklich gefordert. Seitens des BMBF und der Ministerien der Bundesländer wird seit- her spätestens das Jahr 2008 zur Umsetzung favorisiert.