AGJ-Zwischenruf: Minderjährige außen vor lassen!? Kein 2G für diese Altersgruppe!

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Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ fordert von den politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern, bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie alle Minderjährigen von den 2G-Zugangsregelungen auszunehmen. Verordnungen, die 2G ab 15 oder 16 Jahren, und Überlegungen, die sogar 2G ab 12 Jahren in Betracht ziehen, lehnt die AGJ aufs Schärfste ab.

Bereits die STIKO verband ihre Impfempfehlung für alle 12- bis 17-Jährigen mit folgendem deutlichen Hinweis: „Die STIKO spricht sich ausdrücklich dagegen aus, dass bei Kindern und Jugendlichen eine Impfung zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird.“1 2G für diese Altersgruppe konterkariert dies, führt zu erneuter sozialer Ausgrenzung für Kinder und Jugendliche und zu einer massiven Verschärfung psychosozialer Belastungen. Diese Belastungen zu vermeiden und zu verringern, muss für die Gesellschaft ein ebenso wichtiges Anliegen sein, wie es der Gesundheitsschutz von Älteren und anderen schutzbedürftigen Gruppen ist!

Junge Menschen haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie solidarisch während der vergangenen zwei Jahre mitgetragen, sie haben besonders vulnerable Gruppen unterstützt und im Lockdown versorgt, ihre Kontakte reduziert, auf eigentlich selbstverständliche und nicht zu wiederholende Entwicklungserfahrungen verzichtet, sie haben Hygieneauflagen eingehalten, sich wie keine andere Altersgruppe kontinuierlich Tests unterzogen. Seit der STIKO-Empfehlung vor vier Monaten ist es bislang nicht gelungen, ein funktionierendes Impfangebot für diese Altersgruppe flächendeckend aufzubauen: nur der gerade knappe Impfstoff Biontech darf für sie verwendet werden. Da – anders als bei Erwachsenen – der Nutzen der Impfung die Risiken nicht so offensichtlich überwiegt, setzen sich Minderjährige und ihre Eltern mit der STIKO-Empfehlung intensiv auseinander. Hierüber hinwegzugehen und zusätzlichen Druck aufzubauen wäre verantwortungslos!

Die aktuelle Situation trifft uns alle in fragiler und erschöpfter Verfassung. Das nicht absehbare Ende der Pandemie, die aktuell prognostizierten Folgen der Omikron-Variante ermüden und verunsichern nicht wenige Menschen. Jede*r wünscht sich eine Rückkehr zur Normalität, die Möglichkeit ungezwungener, selbstverständlicher persönlicher Kontakte, aber auch einen Schutz vor schwerer Erkrankung und möglichen weiteren Folgen. Dass diese Wünsche und Perspektiven zumindest kurzfristig nicht realisierbar sind und zudem weiter um adäquate und wirkungsvolle Maßnahmen (von einer Reform des Gesundheitswesens, über soziale und wirtschaftspolitische Aufhol- und Auffangpakete bis zu einer wie auch immer gearteten Impfpflicht) politisch gerungen werden muss, mag Unsicherheit und Ängste auslösen. Auch innerhalb der AGJ werden viele dieser Fragen durchaus kontrovers diskutiert. Allerdings ist der scheinbare Gleichheitsansatz „2G für alle, für die eine Impfempfehlung vorliegt“ grundlegend falsch, denn mit einem solchen missachtet Politik die sehr wohl vorhandenen Differenzierungen innerhalb der STIKO-Empfehlungen und blendet den oben zitierten Satz zur sozialen Teilhabe (einem der wichtigsten Rechtsgüter für diese Altersgruppe) völlig aus.  Ungleiche Sachverhalte werden ohne Grund gleichbehandelt, der Druck und die Last werden auf dem Rücken der Jungen abgeladen.

Die AGJ fordert, dass die Belange der jungen Generationen in die Abwägungen zur Pandemie einbezogen und beachtet werden, wie es auch in der Begründung zum IfSG2 vorgesehen ist. Aus ihrer Sicht muss es daher heißen: Kein 2G für Minderjährige!

Geschäftsführender Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Berlin, 21. Dezember 2021

 


1 Mitteilung der STIKO zur Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche (16.8.2021).

2 „Bei der Anordnung von Schutzmaßnahmen nach [§28a] Satz 1 in Verbindung mit § 28 Absatz 1 und § 32 ist auf die Belange von Personen, die auf Grund ihres Alters oder ihres Gesundheitszustandes ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf haben sowie auf die Belange von Kindern und Jugendlichen in besonderer Weise Rücksicht zu nehmen.“, BT-Drs. 20/15, S. 29.