Giffey: „Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist nationale Zukunftsaufgabe“
Jugendhilfetag eröffnet: 4-facher „digitaler Synchron-Scherenschnitt“ am roten Band
Deutscher Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) geht bis Donnerstag – Heute per Online-Event eröffnet
Der Startschuss zum Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) ist gefallen: Am Dienstag gab es vier Mal einen „digitalen Synchron-Scherenschnitt“ am roten Band zur DJHT-Eröffnung. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey war von Berlin aus zugeschaltet. Der nordrhein-westfälische Vize-Ministerpräsident und Familienminister Dr. Joachim Stamp meldete sich aus Düsseldorf. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen war im Rathaus. Und DJHT-Chefin Prof. Dr. Karin Böllert griff zusammen mit Franziska Porst zur Schere. Porst ist Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, die den DJHT veranstaltet. Beide waren in der Messe Essen, wo der digital laufende Kinder- und Jugendhilfetag noch bis Donnerstag sein Online-Sendezentrum hat.
Die Corona-Pandemie prägt diesen Kinder- und Jugendhilfetag – so, wie er auch das Leben von Kindern, Jugendlichen und Familien seit Monaten prägt: „Begriffe wie Homeschooling und Homeoffice gehen uns mittlerweile allen leicht über die Lippen. Das, was dahintersteckt, ist im Alltag der Familien allerdings eine Mammutaufgabe“, sagt Karin Böllert als AGJ-Vorsitzende und DJHT-Chefin in ihrer Eröffnungsrede.
Böllert, die Professorin für Erziehungswissenschaft an der Universität Münster ist, warnt davor, Kinder und Jugendliche als „verlorene Corona-Generation“ zu stigmatisieren und abzuschreiben. Junge Menschen hätten sich in den letzten Monaten eigenständig Kompetenzen angeeignet und Engagement gezeigt. Mit Blick auf die Kinder- und Jugendhilfe sprach Böllert von einer Erschöpfung bei den Fachkräften. Diese seien „ermüdet vom Hin und Her der Schließungen und vergeblich erhoffter Öffnungsperspektiven“.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey lobte den Einsatz der Kinder- und Jugendhilfe in der Pandemie. Und sie zog eine positive Bilanz ihrer Politik für Kinder und Jugendliche. Als besondere „nationale Zukunftssaufgabe“ hob sie dabei den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter hervor. Dies sei ihr ein „Herzensanliegen“. Denn eines will die Bundesfamilienministerin, die selbst Mutter eines Sechsklässlers ist, vermeiden: „Mittags ist Schluss und das Kinder steht mit leerem Magen und vollem Rucksack vor der Tür.“
Giffey rief deshalb Länder und Kommunen zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit dem Bund auf, um ab 2026 zunächst für die ersten Klassen die notwendigen baulichen und personellen Voraussetzungen in den bundesweit rund 15.400 Grundschulen zu schaffen. In Stufen solle es dann vorangehen: 2027 mit den zweiten Klassen. 2028 und 2029 dann mit den Klassen drei und vier. Nur gemeinsam könne, so Giffey, das Ziel einer guten Kinderbetreuung in Deutschland gelingen.
Deutliche Worte fand die Bundesfamilienministerin für Kinder und Jugendliche zu der Corona-Pandemie. Die Unter-27-Jährigen seien alles andere als eine „vergessene und verlorene Generation“. Viele Kinder und Jugendliche hätten das Krisenjahr mit seinen immensen Einschränkungen mit Geduld und Stärke gemeistert. Zudem seien es gerade die Beschäftigten der Kinder- und Jugendhilfe gewesen, die sich vor Ort in den schwierigen Zeiten um die Kinder und ihre Familien gekümmert hätten.
Auch von NRW-Familienminister Joachim Stamp gab es Lob. Viele Jugendliche hätten „echten Verzicht geleistet“. Die Kinder- und Jugendhilfe sei während der Corona-Pandemie flexibel und reaktionsschnell gewesen und habe Ideenreichtum bewiesen. Sie habe „auf Distanz Nähe gezeigt“. Die Krisenmonate hätten, so Stamp, besonders deutlich gemacht, wie wichtig Kinder- und Jugendarbeit sei.
Der Oberbürgermeister der Stadt Essen, die den DJHT unterstützt und dem Gipfel ein „virtuelles Zuhause“ gibt, betont den Wert der Kinder- und Jugendhilfe: „Sie hat eine zentrale Bedeutung für ein gelingendes Aufwachsen junger Menschen und für den Zusammenhalt der Gesellschaft“, so Thomas Kufen. Allein im Jugendamt der Stadt Essen seien 1.800 Fachkräfte für Kinder, Jugendliche und Familien in Essen beschäftigt. "Das Motto des Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages 'Wir machen Zukunft – Jetzt!' betont das 'Wir'. Und mit dem angehängten 'Jetzt!' wird deutlich, dass wir keine Zeit haben, erst morgen darüber nachzudenken, sondern heute für morgen handeln müssen“, sagt Kufen.