Übergänge im Jugendalter in Corona-Zeiten
Am 12. Mai 2022 fand das zweite „Transfer-Frühstück“ des Projekts „Transfer-Talks: Kinder- und Jugendhilfe nach Corona“ der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ statt. Im Rahmen dieser digitalen Veranstaltungen werden innerhalb einer Frühstückslänge neue Forschungsergebnisse zu einem Schwerpunktthema vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie vorgestellt und diskutiert. Das zweite Transfer-Frühstück widmete sich den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Übergangssituationen im Jugendalter. Durch die Veranstaltung, an der etwa 140 Interessierte teilnahmen, führte die Erziehungswissenschaftlerin und Podcasterin Katrin Rönicke.
Grußwort der AGJ-Vorsitzenden
Die AGJ-Vorsitzende Prof.‘in Dr. Karin Böllert begrüßte die Teilnehmenden des zweiten Transfer-Frühstücks. Sie betonte die Bedeutung der thematischen Schwerpunktsetzung der Veranstaltung, da junge Menschen sich derzeit durch den Klimawandel, die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine mit gleich drei Krisen konfrontiert sähen.
Input 1 – Dr. Kristin Teuber (SOS-Kinderdorf)
Dr. Kristin Teuber, Leiterin des Sozialpädagogischen Instituts des SOS-Kinderdorf e. V., konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf den Übergang aus der stationären Kinder- und Jugendhilfe in ein eigenständiges Leben. Sie berichtete vor dem Hintergrund der SOS-Längsschnittstudie von Herausforderungen in der Corona-Pandemie für einerseits in SOS-Einrichtungen betreute Jugendliche und andererseits Care Leaver, also ehemalige Bewohner*innen der Einrichtungen. Insgesamt konstatierte sie, dass die Pandemie zwar einen starken Einfluss auf junge Menschen in und nach der stationären Jugendhilfe hatte, sie jedoch nicht zu Einbrüchen und dramatischen Veränderungen im Leben der Befragten führte. Die Betreuten fühlten sich von den Fachkräften in den Einrichtungen gut unterstützt. Gleichzeitig liegen auch erste Hinweise für eine Verschiebung vor, da Austritte im sonst üblichen Verselbstständigungsalter (17-19 Jahre) in 2020 zurückgegangen sind.
Input 2 – Clemens Wieland (Bertelsmann Stiftung)
Im Anschluss berichtete Clemens Wieland, Senior Expert für Bildung und Next Generation bei der Bertelsmann Stiftung, von der Studie „Ausbildungsperspektiven im dritten Corona-Jahr – Eine repräsentative Befragung von Jugendlichen 2022“ und damit von jungen Menschen am Übergang von der Schule in den Beruf. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass weiterhin viele junge Menschen Interesse an einer Ausbildung haben, insbesondere solche mit eher niedriger Schulbildung. Letztere sorgen sich häufig, dass es nicht ausreichend Ausbildungsplätze gibt. Über die Hälfte der Befragten schätzt die Chancen auf einen Ausbildungsplatz derzeit als eher schlechter als die Chance auf einen Studienplatz ein. Vor allem brauchen junge Menschen ohne oder mit niedrigem Schulabschluss Unterstützung. Herr Wieland stellte deshalb abschließend Gelingensbedingungen für eine Ausbildungsgarantie, wie sie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist, vor.
Diskussion
In der anschließenden Diskussionsrunde wurde unter anderem der Zugang junger Menschen zu Ausbildungsplätzen thematisiert. Zum einen fehle es häufig an grundsätzlichen Informationen über Ausbildungen, zum anderen sei eine große Unsicherheit der Jugendlichen zu spüren. Bemerkenswert ist hier die Kluft zwischen einem breiten Angebot an freien Ausbildungsplätzen und der Wahrnehmung der Jugendlichen, es gäbe nicht genügend Ausbildungsmöglichkeiten. Mangele es zum Beispiel an Praktikumsplätzen oder erhielten Jugendliche eine Absage auf ihre Bewerbung für einen Ausbildungsplatz, würden sich viele mit einem niedrigen bis mittleren Schulabschluss dafür entscheiden weiter zur Schule zu gehen. Junge Menschen müssten entsprechend besser über ihre Ausbildungsmöglichkeiten informiert werden. Ferner brauche es Begleitung und Unterstützung, um die Motivation auf der manchmal langen Suche nach einem Ausbildungsplatz aufrecht zu erhalten.
Ausblick
Ergänzt werden die Transfer-Frühstücke des Projekts „Transfer-Talks“ durch Podcast-Folgen, die im Laufe des Sommers veröffentlicht werden und im Rahmen derer Vertreter*innen aus Wissenschaft und Praxis zu den jeweiligen Themen ins Gespräch kommen.
Das Projekt „Transfer-Talks“ wird im Rahmen von AUF!leben – Zukunft ist jetzt. gefördert. AUF!leben – Zukunft ist jetzt. ist ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das Programm ist Teil des Aktionsprogramms Aufholen nach Corona der Bundesregierung.
Wir danken an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich unseren Referierenden für die wertvollen Inputs sowie allen Teilnehmenden für das große Interesse und die rege Beteiligung!