Auf zu einer inklusiveren Kinder- und Jugendhilfe!
Wer ist schon da? Was braucht Fachlichkeit noch?
Mit dem im Juni 2021 in Kraft getretenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist die Grundlage geschaffen, die Ausgestaltung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe voranzutreiben. In der Praxis entstehen dadurch neue Qualifizierungs- und Kooperationserfordernisse, die es zu identifizieren und deren Bearbeitung es voranzutreiben gilt. Dazu haben sich 35 Vertreter*innen der Aus-, Fort- und Weiterbildung und Praxis im Rahmen des Fachgesprächs „Welche Fachlichkeit braucht eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe – und wo kommt sie her?“ der AGJ in Kooperation mit der HAW Hamburg am 23. November 2023 in Hamburg ausgetauscht.
Einig war man sich, dass bei Fachkräften in der Praxis das Fundament an Grundwissen und Haltung vorhanden sei. Jedoch müsse dieses über Fort- und Weiterbildung vertieft, bezogen auf bereichsübergreifendes Wissen und vorhandene Versorgungsstrukturen erweitert sowie Kooperationen ausgebaut und neu geschaffen werden. Interdisziplinarität und Multiprofessionalität – im Sinne eines Ineinandergreifens und gemeinsam abgestimmten Agierens zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe – seien von großer Bedeutung.
Mit Blick auf die Ausbildung zur Erzieher*in wurde festgestellt, dass Inklusion fester Bestandteil der Curricula ist - je stärker der Ausbildungsweg jedoch akademisiert sei, desto weniger wären Inklusionsinhalte verbindlich vorgeschrieben. Die Vermittlung spezifischer Expertise sei dementsprechend stark abhängig von dem Engagement der lehrenden Personen. Zudem zeige sich während der ersten Praxiserfahrungen der Auszubildenden häufig, dass Lehrinhalte in der Praxis aufgrund struktureller Rahmenbedingungen und fehlender Ressourcen nicht umsetzbar seien. Begleitung und Reflexionsräume seien wichtig, um einen konstruktiven Umgang mit der Divergenz von wissenschaftlichen Theorien und Realbedingungen zu finden und so zu verhindern, dass (neu)gewonnene diversitätssensible Fachkräfte wieder verloren gingen. Ein Einbezug der Expertise von Selbsthilfeorganisationen und spezifischen Beratungsstellen könne bei der Weiterentwicklung bisheriger Qualifizierungswege einen Gewinn darstellen.
Wichtig war den Teilnehmenden ferner, dass eine abgeschlossene Ausbildung noch keine „fertigen Fachkräfte“ hervorbringt. Spezifische Expertisen müssten je nach Einsatzbereich und aus Bedarfen heraus aufgebaut werden. Dementsprechend bedürfe es eines offenen Umgangs mit persönlicher Unwissenheit, dem Zugang zu Expert*innen sowie Ressourcen, um Fachlich- und Handlungsfähigkeit im Alltag ausformen zu können. Auskömmliche und verlässliche Rahmenbedingungen seien also unerlässlich, um die Fachlichkeit in der Praxis umsetzen zu können.
In den Diskussionen in den Workshops hat sich gezeigt, dass es mehr multiprofessionelle Zusammenarbeit braucht und dass auch die Studiengänge und Schulen die Bedeutung dieser Kooperation besser vermitteln müssten. Neben dem fachlichen Austausch diente die Veranstaltung auch der Vernetzung der Teilnehmenden aus denen sich neue Kontakte und Möglichkeiten der Zusammenarbeit ergaben.
Die Dokumentation der Veranstaltung können Sie hier einsehen. Literaturhinweise und Links finden Sie hier.