Gesellschaftliche Anerkennung und Aufwertung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe – Fachkräfte gewinnen, Qualität erhalten und verbessern! Positionspapier

Gesellschaftliche Anerkennung und Aufwertung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe – Fachkräfte gewinnen, Qualität erhalten und verbessern!

Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Positionspapier als PDF

Mit diesem Beitrag positioniert sich die AGJ in der Debatte um die Aufwertung und gesellschaftliche Anerkennung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe. Diese stellt ein attraktives und gesellschaftlich bedeutsames Arbeitsfeld dar, was sich auch in dem starken Zuwachs an Beschäftigten in den letzten Jahren zeigt. Der hohen Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe steht eine unzureichende Wertschätzung und gesellschaftliche Anerkennung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe gegenüber. In Anbetracht der hohen Verantwortung der in diesem Bereich Beschäftigten für das Aufwachsen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftebedarfs besteht dringender Handlungsbedarf. Dies hat auch die Bundesregierung erkannt und im Rahmen einer Strategie zur Aufwertung der Sozialen Berufe mehrere Einzelmaßnahmen gestartet. Die AGJ nimmt in diesem Positionspapier hierzu Stellung und fordert darüber hinaus, die finanzielle Ausstattung der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Entlohnung der in diesem Bereich beschäftigten Fachkräfte angemessen zu erhöhen, die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen spürbar zu verbessern sowie bestehende Forschungsdefizite abzubauen. Statt einem Bündel isolierter Einzelmaßnahmen in Teilbereichen ist ein ganzheitliches Konzept zur Aufwertung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe zu entwickeln sowie deren gesellschaftliche Anerkennung voranzubringen. Die Gewährleistung einer hochwertigen Qualifizierung der Fachkräfte ist hierfür unabdingbare Voraussetzung.

Für die Debatte zur Aufwertung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe ist von zentraler Bedeutung, dass es sich hierbei um eine Bandbreite an unterschiedlichen Berufen handelt, deren Ausbildungen sowohl beruflich als auch akademisch angelegt sind und dementsprechend an verschiedenen Ausbildungsinstitutionen verlaufen. So werden Erzieherinnen und Erzieher an Fachschulen beruflich ausgebildet, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Kindheitspädagoginnen und Kindheitspädagogen in der Regel an Fachhochschulen einen akademischen Abschluss erlangen ebenso wie Erziehungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an Universitäten.

Vor dem Hintergrund eines akuten und auf Jahre hin sich abzeichnenden Fachkräftebedarfs in den Sozialen- und Pflegeberufen erhält deren Attraktivität und gesellschaftliche Wertschätzung in der aktuellen öffentlichen Diskussion eine verstärkte Aufmerksamkeit. Politisches Handeln ist dringend notwendig und erste Maßnahmen wurden von der Bundesregierung bereits ergriffen. In der Kinder- und Jugendhilfe betreffen diese Maßnahmen insbesondere den Bereich der Kindertagesbetreuung sowie Absolventinnen und Absolventen derjenigen Studiengänge, die potentielle Fachkräfte für eine Tätigkeit in diesem Bereich qualifizieren. [1]

Eine Aufwertung der Sozialen Berufe bedeutet gleichsam ein Mehr an deren gesellschaftlicher Anerkennung. Während die Aufwertungsdebatte vornehmlich die finanziellen Aspekte fokussiert und die im Sozialen im Vergleich zu anderen Berufsfeldern in der Regel niedrigere Vergütung in den Blick nimmt, bezieht sich die Forderung nach mehr gesellschaftlicher Anerkennung der Sozialen Berufe auf die Gesellschaft als solche. Explizit geht es dabei um die Anerkennung der in diesem Berufsfeld ausgeübten Tätigkeiten als sehr voraussetzungsvoll, äußerst komplex und höchst anspruchsvoll.
Mit diesem Positionspapier greift die AGJ die aktuelle Debatte um die Aufwertung der Sozialen Berufe auf und bezieht hierzu aus kinder- und jugendhilfepolitischer Sicht Stellung. Das Papier nimmt dabei die Kinder- und Jugendhilfe in ihrer Gesamtheit in den Blick und verfolgt das Ziel, eine höhere gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung der hier Beschäftigten zu erreichen. Unter Berücksichtigung der prinzipiellen Zuständigkeit der Länder für die Aus- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte werden die Strategien der Bundesregierung zur Aufwertung der Sozialen Berufe beleuchtet, soweit dies derzeit möglich ist. Darüber hinaus werden zentrale Forderungen der AGJ in diesem Bereich formuliert.

Ein differenzierter Blick auf den Aufwertungsbedarf

Der Terminus Aufwertung suggeriert, dass der aufzuwertende Gegenstand sich aktuell in einem unterbelichteten oder gar defizitären Zustand befindet, denn warum sonst sollte (s)eine Aufwertung erforderlich sein?
Bei der Diskussion um eine Aufwertung der Sozialen Berufe als vornehmlich von Frauen ausgeübte Tätigkeiten, geraten zunächst die oftmals geringe gesellschaftliche Anerkennung, verbunden mit einer entsprechend niedrigen Entlohnung, als mögliche defizitäre Ausprägungen dieses Feldes in den Blick. Damit ist dann gleichzeitig die Gleichstellungsthematik in Bezug auf die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse angesprochen. Insofern würde eine Aufwertung der Sozialen Berufe gleichfalls einen maßgeblichen Beitrag zur geschlechterbezogenen Gleichstellung auf nationaler Ebene liefern.
Richtet sich der Blick dagegen auf die Sozialen Berufe in einer Gesamtperspektive, so ist die Notwendigkeit einer diesbezüglichen Aufwertung zumindest hinterfragbar. In vielen Berufsfeldern erfolgten in den zurückliegenden Jahrzehnten eine stete Professionalisierung sowie zuweilen auch eine entsprechende Akademisierung. Die in dieser Weise beruflich Qualifizierten weisen in hohem Maße eine dauerhafte Zufriedenheit mit ihrem Berufsziel auf und verbleiben nicht selten ihr gesamtes Berufsleben in dem einmal gewählten Arbeitsfeld.[2] Große Unzufriedenheit herrscht allerdings oftmals mit den konkreten Arbeitsbedingungen in den verschiedenen Einrichtungen und sozialen Diensten, die den selbstgesetzten Anspruch, aber auch die berechtigten Erwartungen der Adressatinnen und Adressaten an die Qualität der Arbeit konterkarieren. In der Betrachtung der Thematik muss also differenziert werden zwischen politischen Aufwertungsbemühungen der Sozialen Berufe [3], einer hohen, keineswegs defizitären Berufsidentifikation der Beschäftigten in diesem Bereich sowie vielerorts anzutreffenden unzureichenden Rahmenbedingungen im Arbeitsfeld.

Mit bundesweit mittlerweile über 800.000 pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern [4] sowie einem Ausgabenvolumen von 51 Mrd. Euro im Jahr 2018 [5] gewinnt die Kinder- und Jugendhilfe auch quantitativ an Bedeutung. Durch den weiteren qualitativen und quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung sowie dem zum Jahr 2025 vorgesehenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter wird die schon jetzt enorm hohe Zahl an Beschäftigten noch weiter wachsen. Auf der qualitativen Ebene geht dieser quantitative Ausbau des Personals in der Kinder- und Jugendhilfe mit zunehmend komplexeren und weiter steigenden Qualifikationsanforderungen einher. Im Bereich der Fachkräfteausbildung gibt es daher dringenden Handlungsbedarf. Für die Kinder- und Jugendhilfe besteht allerdings die Gefahr, dass zur kurzfristigen Deckung der vorhandenen personellen Engpässe eine gegenteilige Entwicklung angestoßen wird und die Errungenschaften des langjährigen Professionalisierungsprozesses (Fachkräftegebot, staatliche Anerkennung, generalistische Ausbildung, Orientierung am DQR 6 etc.) vorschnell über Bord geworfen werden, ohne dass die entsprechenden Implikationen mit in den Blick genommen werden.[6] Eine weitere Gefahr besteht darin, dass sich die politischen Bemühungen allein auf diejenigen Bereiche der Sozialen Berufe fokussieren, in denen der Fachkräftebedarf besonders eklatant zutage tritt. Andere Arbeitsfelder in ihren spezifischen Dynamiken müssen jedoch ebenfalls in den Blick genommen werden. Ein solches Beispiel stellt die von der Bundesregierung im Jahr 2019 gestartete „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen/Erzieher – Nachwuchs gewinnen und Profis binden“ dar.

Der Fachkräftebedarf ist allerorts virulent und schließt auch die Ausbildungsinstitutionen mit ein. Die notwendige Erhöhung der Ausbildungskapazitäten zieht gleichsam eine entsprechende Aufstockung des hierfür erforderlichen Lehrpersonals und einen Ausbau der Ausbildungseinrichtungen nach sich. Für die Kinder- und Jugendhilfe ist daher eine umfassende, der Komplexität gerecht werdende Betrachtungsweise unabdingbar. Diese führt von der Frühpädagogik über die Kinder- und Jugendarbeit bis hin zu den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD), zu den vielfältigen Beratungsstellen, den Hilfen zur Erziehung, der Jugendsozialarbeit sowie vielen anderen mehr und den entsprechenden dahinterliegenden Ausbildungen.

Die gesellschaftliche Bedeutung des Berufsfelds Kinder- und Jugendhilfe

Aufgabe und Ziel der Sozialen Arbeit und damit der Sozialen Berufe in diesem Bereich ist es, Hilfe und Unterstützung zu leisten, sozialen Ungleichheiten zu begegnen und entgegenzutreten, sozialen Zusammenhalt zu ermöglichen sowie die Autonomie und Selbstbe-stimmung von Menschen zu stärken. Die Fachkräfte setzen sich dafür ein, die Situation von Menschen mit Unterstützungsbedarf zu verbessern und tragen so zu deren Teilhabe in der Gesellschaft bei.[7] Fachkräfte in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit nehmen eine besondere Verantwortung gegenüber den Menschen, mit denen und für die sie tätig sind, und in gleicherweise gegenüber Gesellschaft und Politik wahr. Dabei stehen sie auch im Spannungsfeld des parteilichen Aushandelns ganz unterschiedlicher Interessen [8], was eine kontinuierliche Reflexion und Positionierung der eigenen Arbeit erfordert.

Davon ausgehend kommt der Kinder- und Jugendhilfe zentrale Bedeutung zu. Als größter Arbeitsbereich im Kontext der Sozialen Arbeit ist diese zu einem unverzichtbaren Element für das gelingende Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, ihrer gesellschaftlichen Integration, ihres Erwerbs von Wissen und sozialen Fähigkeiten sowie der Vorbereitung auf ihre zukünftige Verantwortung in einer demokratischen Gesellschaft geworden. Nahezu alle Menschen kommen im Laufe ihres Lebens mit dem System der Kinder- und Jugendhilfe und den dort beschäftigten Personen in Berührung (als Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern). Dies schließt Regelangebote (zum Beispiel Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, Kindertagesbetreuung, allgemeine Beratungsangebote) genauso ein, wie spezifische Leistungen in besonderen Lebenslagen (Hilfen zur Erziehung, heilpädagogische Angebote, Beratungsangebote für besondere Zielgruppen etc.). „Unter dem Strich ist die Kinder- und Jugendhilfe zu einem zentralen gesellschaftlichen Dienstleistungsangebot geworden, das aus der heutigen modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken ist“.[9]

Die quantitativen Entwicklungen zeigen sich auch im Vergleich: Waren 1998 510.000 Personen und 2006/2007 535.000 Personen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt, so betrug die Anzahl aller in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Personen Ende 2016/Anfang 2017 (ohne Personal in den Bereichen Hauswirtschaft und Technik) 836.000 Personen.[10] Einen Überblick über die quantitativen Entwicklungen der in den einzelnen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe beschäftigten Fachkräfte bietet das Positionspapier der AGJ zum Thema Fachkräftebedarf. [11] Grund für dieses enorme Wachstum ist die gestiegene Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe für die Erfüllung, für die Wahrnehmung der Verantwortung und Fürsorge zum Schutz von Kindern sowie für mehr Geschlechtergleichheit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht ohn]e einen deutlichen Ausbau der Kinder- und Jugendhilfe zu realisieren. Beispiele hierfür sind der massive Ausbau der Kindertagesbetreuungsangebote, die Ausweitung der ganztägigen Angebote in der Schule, aber auch die dringend erforderlichen Verbesserungen des Personalschlüssels in einer Vielzahl von (sozial-)pädagogischen Arbeitsfeldern.

Entlang dieser Entwicklungen ist die Kinder- und Jugendhilfe als ein zentrales und unverzichtbares Funktionssystem der heutigen Gesellschaft zu verstehen, welches nicht nachrangig zu anderen (zum Beispiel dem Schulsystem oder dem Wirtschaftssystem) verhandelt werden kann und darf. Ausgehend von dieser Bedeutung üben die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe zukunftsorientierte Berufe aus, die einen wichtigen Beitrag für das Zusammenleben in und für die Entwicklung der Gesellschaft darstellen. Die alltägliche Arbeit der Fachkräfte ist somit gerahmt durch eine zunehmend komplexe und sich in ständiger Transformation befindende Gesellschaft. Dies geht mit vielfältigen Herausforderungen einher, die eine anspruchsvolle, generalistisch ausgerichtete Ausbildung, aber auch die spezifische Qualifizierung der Fachkräfte in Fort- und Weiterbildung notwendig machen. Es stellen sich daher komplexe und steigende Qualitätsanforderungen an das Personal in den Sozialen Berufen der Kinder- und Jugendhilfe. Einerseits um das Zusammenleben – einer auch zunehmend heterogenen Gesellschaft – zu unterstützen und um andererseits der hohen Verantwortung für jedes einzelne Kind, für jeden einzelnen Jugendlichen und für jede einzelne Familie entlang ihrer konkreten Bedarfe und Bedürfnisse angemessen Rechnung zu tragen. Dies ist nicht immer einfach zu vereinbaren und erfordert sehr unterschiedliche Kompetenzen, um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. So sind zum Beispiel das (auch politische) Einfordern von angemessenen Bedingungen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, die Beratung und Unterstützung von jungen Menschen und Familien in spezifischen Lebenslagen, die Ermöglichung eines selbstbestimmten Bildungsprozesses und auch gegebenenfalls Entscheidungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zentrale Aufgabe von Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe.

Diese bedeutsame Arbeit stellt die Beschäftigten oft auch vor schwierige Entscheidungen zwischen unterschiedlichen Interessenslagen sowie vor besondere, unvorhersehbare Herausforderungen. So sind eine intensive Beziehungsarbeit mit teilweise hohem emotionalen Faktor, der Umgang mit belastenden Themen wie Gewalt, Missbrauch, Vernachlässigung oder Trennung sowie der große und tendenziell steigende Bürokratie- und Dokumentationsaufwand alltägliche Herausforderungen der Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Diese Anforderungen setzen eine hohe fachliche Kompetenz sowie die Fähigkeit voraus, mit Belastungen professionell umzugehen. Grundsätzliche Kompetenzen in allen Arbeitsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sind daher der Umgang mit Nähe und Distanz, eine ständige Selbstbeobachtung und Reflexion der eigenen Arbeit, sowie der professionelle Umgang mit sowohl den eigenen als auch den Emotionen der Kinder, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Eltern sowie weiteren Adressatinnen und Adressaten.

Attraktivität des Berufsfeldes

Mit der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes 1990/1991 änderte sich das Tätigkeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe erheblich. Statt eines passiven Reagierens wurde mit der Gesetzesänderung ein aktives Agieren als Handlungsleitlinie in der Kinder- und Jugendhilfe ausgegeben und gefordert. Dieser Paradigmenwechsel spiegelt sich in den im SGB VIII festgeschriebenen fünf Strukturmaximen wider, die seitdem die Kinder- und Jugendhilfe prägen: Prävention, Dezentralisierung-Regionalisierung, Alltagsorientierung, Integration-Normalisierung und Partizipation.[12] Als zentrale Aufgabe wurde die Trias Erziehen, Bilden und Betreuen festgeschrieben, wodurch auch Bildungsarbeit im Aufgabenspektrum der Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich verankert wurde. Das Tätigkeitsfeld der darin Beschäftigten wurde damit nochmals vielfältiger.

Die Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe sind gekennzeichnet durch eine große Bandbreite an Arbeitsfeldern und Aufgaben sowie unterschiedlichen Adressatinnen und Adressaten. Für die dort Beschäftigten ergibt sich hieraus ein diverses Berufsfeld, das abwechslungsreiche Tätigkeiten ermöglicht, sei es in Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit, im Ganztag, in Kindertageseinrichtungen, im heilpädagogischen Bereich, in Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe, im Bereich der ambulanten Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung oder in der Jugendsozialarbeit. Auf der Grundlage einer generalistischen Ausbildung eröffnet sich prinzipiell eine Vielfalt an Entwicklungsmöglichkeiten über die Erwerbsbiographie hinweg. Eine große Auswahl an Fort- und Weiterbildungen ermöglicht sowohl den Wechsel in andere Teilbereiche der Kinder- und Jugendhilfe als auch eine Spezialisierung in konkreten Handlungsfeldern.

Zahlreiche Studien haben immer wieder gezeigt, dass die in diesem Bereich Tätigen eine hohe Berufszufriedenheit zum Ausdruck bringen.[13] Dies verdeutlicht, dass die Fachkräfte sich mit den eigentlichen Inhalten ihres Berufes sehr gut identifizieren und daraus ein hohes Maß an Zufriedenheit ziehen. Die Kinder- und Jugendhilfe wirkt sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf individueller Ebene. Somit erbringen die dortigen Fachkräfte eine für sie sinnstiftende Arbeit in zwei Perspektiven: Auf gesellschaftlicher Ebene leisten sie einen Beitrag für die soziale Entwicklung sowie den Zusammenhalt der Gesellschaft und auf individueller Ebene unterstützen sie Familien sowie das gelingende Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, gestalten begleitend deren Entwicklungsprozesse und fördern ihren Erwerb von Wissen und sozialen Fähigkeiten.

Neben den Inhalten ermöglichen das vielfältige Aufgabenspektrum und die Arbeit in interdisziplinären Teams den Zugang zu abwechslungsreichen und interessanten Tätigkeitsbereichen. Der oft große Handlungsspielraum eröffnet die Möglichkeit, aber auch die Notwendigkeit, zu eigenständigem und selbstverantwortlichem Arbeiten. Diese Aufgabe wird in der Regel mit hohem Engagement und großer Einsatzbereitschaft ausgeübt und bewältigt. Die Möglichkeit an einem generationen- und disziplinübergreifenden Lernprozess teilzuhaben, trägt zu der hohen inhaltlichen Attraktivität der Tätigkeit bei.
So gesehen ist die Attraktivität der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe für die überwiegende Mehrheit der dort Beschäftigten gegeben. Dies zeigt sich auch in der hohen Nachfrage sowohl nach Studienplätzen in der Sozialen Arbeit als auch nach Ausbildungsplätzen zur Erzieherin und zum Erzieher. Der inhaltlichen Attraktivität stehen jedoch Rahmenbedingungen gegenüber, die den Anspruch an eine qualitativ hochwertige Arbeit oftmals unterlaufen.

Aktuelle Situation

Ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe weist eine hohe Berufszufriedenheit auf. Die oftmals als unzureichend beschriebenen Rahmenbedingungen sowie die fehlende gesellschaftliche Anerkennung stehen jedoch einer entsprechenden Arbeitszufriedenheit entgegen.[14] So ist eine nicht ausreichende Personalausstattung Alltag in vielen Einrichtungen.[15] Dies führt zur Überforderung der Fachkräfte, die zwischen dem Anspruch, eine an den Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Familien orientierte Arbeit zu leisten, und den tatsächlichen zur Verfügung stehenden Ressourcen vermitteln müssen. Durch nicht ausreichend einkalkulierte Krankheits- und Urlaubszeiten verschärft sich die angespannte Personalsituation zusätzlich. Nicht selten werden die persönlichen Kräfte und Zeiten zur Bewältigung der Differenz zwischen Anspruch und Ressourcen aktiviert, was langfristig zu Überlastungen führt.[16]

Herausfordernde Situationen sind Alltag für die Fachkräfte, um diese fachlich zu meistern, bedarf es Unterstützungssysteme durch die Verantwortungsträger. In der Kinder- und Jugendhilfe gibt es hierzu ein breites Repertoire wie Supervision und kollegiale Beratung. Eine angespannte Finanzsituation sowie fehlende zeitliche Ressourcen verhindern allerdings oftmals die Inanspruchnahme der Angebote, wodurch es erneut zu überfordernden Situationen kommen kann. In einigen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe sind außerdem eine hohe Lärmbelastung und körperlich fordernde Aufgaben Alltagspraxis, wodurch die Gesundheit der Fachkräfte nachhaltig beansprucht wird. Durch eine mangelhafte Gesundheitsfürsorge wird dem nur unzureichend entgegengewirkt, eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Krankheitstagen ist die Konsequenz.[17]

In manchen Bereichen der Sozialen Berufe liegt die Vergütung zudem unterhalb derer von Tätigkeiten mit vergleichbaren Qualifikationsanforderungen. Hinzu kommt eine oftmals fehlende Vergütung während der Aus- bzw. Weiterbildung zur Erzieherin und zum Erzieher sowie in den Praxisphasen des Studiums. In Zeiten des vielerorts gestiegenen Fachkräftebedarfs sind dies Hinderungsgründe, die potentiell Interessierte davon abhalten, einen Beruf in diesem Feld zu wählen oder nach erfolgter Qualifizierung in den Bereich einzumünden.

Obwohl an den verschiedenen Ausbildungsinstitutionen in den letzten Jahren ein teilweise massiver Ausbau der Ausbildungskapazitäten stattgefunden hat, reichen insbesondere im Bereich der Sozialen Arbeit die vorhandenen Studienplätze bei weitem nicht aus.[18] Die Studienplatzkapazitäten der Hochschulen werden weder der zur Deckung des Fachkräftebedarfs benötigten Anzahl an Absolventinnen und Absolventen gerecht noch der hohen Nachfrage nach Studienplätzen in Bachelorstudiengängen. Zu beobachten ist zudem, dass sich vermehrt auch privat-gewerbliche Hochschulen für angewandte Wissenschaften der Fachkräfteausbildung in der Kinder- und Jugendhilfe annehmen. Dies wirkt sich sowohl auf die Aus- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern als auch auf die Studiengänge der Sozialen Arbeit aus. So werden an den privat-gewerblichen Hochschulen Schulgeld bzw. Studiengebühren erhoben sowie im Hochschulbereich zum Teil sehr spezialisierte Studiengänge angeboten, die dem Anspruch einer generalistischen Qualifizierung entgegenstehen.[19]

Eine umfassende Aufwertungsstrategie muss an den formalen Qualifikationen der Beschäftigten ansetzen, Durchlässigkeit ermöglichen sowie berufliche Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten in den Blick nehmen. Während beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer sowie Psychologinnen und Psychologen in der Regel einen Abschluss auf Masterniveau für ihre Tätigkeit benötigen, wird in den Sozialen Berufen der Kinder- und Jugendhilfe – oftmals auch von den Absolventinnen und Absolventen selbst – ein Bachelorstudium oder eine Fachschulausbildung als ausreichend angesehen. Statt durch eine Aufwertungsstrategie das Qualifikationsniveau im Berufsfeld zu erhöhen und somit dessen Attraktivität zu steigern, wie es in anderen Berufsbereichen diskutiert und realisiert wird [20], wird in Teilen der Kinder- und Jugendhilfe über eine Absenkung des Qualifikationsniveaus durch verkürzte Ausbildungen nachgedacht.[21] Es gilt daher zu klären, welche konkrete Qualifikation für die Arbeit in bestimmten Feldern und Funktionen der Kinder- und Jugendhilfe benötigt wird, um die oft voraussetzungsvollen Anforderungsprofile angemessen auszufüllen. Koordinations-, Lehr- und Leitungsfunktionen stellen einen hohen Anspruch an die Fachlichkeit und Kompetenz der Stelleninhaberinnen und -inhaber. Die AGJ sieht hier die Möglichkeit, eine Qualifikation auf Masterebene (DQR 7) als Kompetenzniveau vorauszusetzen, wie es in anderen Berufsfeldern schon lange üblich ist und in europäischen Nachbarländern ebenfalls angestrebt wird.[22]  Dies würde entsprechende Konsequenzen für die beruflichen und persönlichen Weiterbildungsmöglichkeiten nach sich ziehen und tatsächliche Karrierewege eröffnen können. Die bisher vorhandenen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten basieren größtenteils auf einem System von Fort- und Weiterbildungen, welches die Anpassung an Entwicklungen im Feld leistet oder neue Arbeitsbereiche erschließt, aber kaum eine finanzielle Verbesserung oder Vorteile in Bezug auf mehr Verantwortung mit sich bringt. Insbesondere für junge Menschen am Berufseinstieg wirkt dies attraktivitätsmindernd, da sie verstärkt dem Konzept des lebenslangen Lernens folgen und den eigenen beruflichen Werdegang dynamischer konzipieren als dies im bisherigen Qualifizierungssystem in der Kinder- und Jugendhilfe vorgesehen ist.

Gesellschaftliche Anerkennung wird ebenfalls durch fundiertes Wissen über den jeweiligen Gegenstandsbereich sowie in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem erlangt. Die Kinder- und Jugendhilfe nimmt im Studium der Sozialen Arbeit einen zentralen Stellenwert ein, dennoch bestehen hier große Forschungsdefizite und Wissenslücken, die eine wirkungsorientierte Herangehensweise an strukturelle und spezifische Problemlagen in der Ausbildung, den Arbeitsfeldern und der Administration erschweren. Ebenso fehlt es an einer systematischen Berufsbildungsforschung für Soziale Berufe. Die AGJ hat bereits mehrfach auf diese Defizite hingewiesen.[23] Hinzu kommen oftmals unzureichende Rahmenbedingungen für Forschung, insbesondere an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.

Der gestiegene Fachkräftebedarf in den Sozialen Berufen, vor allem in der Kinder- und Jugendhilfe, hat bewirkt, dass die Bundesregierung sich dieser Problematik angenommen hat. Jugendministerin Franziska Giffey hat in ihrer Präsentation der Schwerpunktevorhaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen, Jugend (BMFSFJ) für das Jahr 2018 die Entwicklung einer Gesamtstrategie zur Aufwertung derselben vorgestellt.[24] Im Rahmen dieser Strategie hat das BMFSFJ mehrere Einzelvorhaben begonnen, die sich mit der Situation der Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe auseinandersetzen. Hierzu zählen die Fachkräfteoffensive für Erzieherinnen und Erzieher, das Handlungsfeld „Qualifizierte Fachkräfte“ des „Gute-KiTa-Gesetzes“, die Entwicklung neuer Werte- und Zukunftsbilder für Fachkräfte in den Erzieherberufen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut sowie die Erstellung einer Studie in Kooperation mit der OECD zur Identifizierung positiver Wirkungen zur Aufwertung Sozialer Berufe aus den OECD-Ländern.

Die AGJ bewertet es grundsätzlich positiv, dass die Situation der Fachkräfte in den Sozialen Berufen der Kinder- und Jugendhilfe in das Zentrum der politischen Aufmerksamkeit gerät. Bei genauerer Betrachtung wird allerdings deutlich, dass allein das Berufsfeld von Erzieherinnen und Erziehern in der Kindertagesbetreuung Gegenstand der bisherigen Aufwertungsstrategien des Bundes ist und damit keine überzeugende Gesamtstrategie erkennbar ist, die auf eine grundsätzliche und dauerhafte Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Sozialen Berufen der Kinder- und Jugendhilfe zielt. Die Fachkräfteoffensive legt ihren Fokus auf die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen von Erzieherinnen und Erziehern, indem der Ansatz der Praxisorientierten Ausbildung gestärkt und einer angepeilten Gesamtzahl von 2500 Auszubildenden eine Vergütung gezahlt wird.[25] Dies ist sicherlich ein Ansatz, die Länder, denen die Verantwortung für die Ausbildung der sozialpädagogischen Fachkräfte obliegt, für diese Thematik zu sensibilisieren und dort einen Impuls zu setzen sowie diese finanziell zu unterstützen. So gesehen kann die Fachkräfteoffensive trotz ihrer begrenzten Laufzeit einen Beitrag zur langfristigen Verbesserung der finanziellen Situation der Auszubildenden leisten. Der weitere Programmbaustein „Aufwertungsbonus“ der Fachkräfteoffensive legt den Fokus auf die Ermöglichung von Fachkarrieren, indem einzelne Fachkräfte mit Zusatzqualifikation einen finanziellen Bonus für ihre Tätigkeit erhalten sollen. Dennoch, zu einer allgemeinen Aufwertung im Sinne eines Mehr an gesellschaftlicher Anerkennung tragen solche Maßnahmen wenig bei. Weder die Regel-Vergütung noch die personelle Situation in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung werden sich durch diese Maßnahme entscheidend und nachhaltig verbessern. Die Wirkungen des „Gute-KiTa-Gesetzes“ sind aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunkte in den Bundesländern bisher hingegen nur schwer vorherzusehen. Ebenso wenig ist eine Bewertung der Effekte der sogenannten „Werte-Labore“ zum bisherigen Zeitpunkt möglich. Interessant ist jedoch, dass hierbei das gesellschaftlich wahrgenommene Bild von Erzieherinnen und Erziehern im Mittelpunkt steht und somit die gesellschaftliche Anerkennung des Berufsfeldes unmittelbar thematisiert wird. Hier gilt es abzuwarten, was mit den Ergebnissen der in den Laboren erarbeiteten Wertebilder geschehen wird.

Die Verantwortung für die Aus- und Weiterbildung von sozialpädagogischen Fachkräften ist prinzipiell auf der Länderebene verortet. Dennoch sieht die AGJ auch den Bund in der Pflicht, Anstrengungen hin zu einer Aufwertung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe zu unternehmen und die Länder entsprechend zu unterstützen. Insgesamt ist die AGJ der Auffassung, dass die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung vor allem als ein Versuch gesehen werden müssen, mehr Menschen für den Erzieherberuf zu gewinnen und so dem Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung kurzfristig entgegenzuwirken. Von einer tatsächlichen Aufwertung der Sozialen Berufe im gesamten Bereich der Kinder- und Jugendhilfe kann bisher jedoch nicht gesprochen werden. Bislang ist nicht erkennbar, dass die Politik dauerhafte Anreize dafür setzen würde, einen Beruf in der Kinder- und Jugendhilfe zu ergreifen, geschweige denn eine strukturelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen in diesem Bereich zu erwirken. Das inhaltlich attraktive und vielfältige Berufsfeld der Kinder- und Jugendhilfe kann unter diesen Umständen kein Mehr an gesellschaftlicher Anerkennung erfahren. Hierfür wäre es letztlich notwendig, tatsächlich in das Feld zu investieren und strukturell Maßnahmen zur Verbesserung des gesamten Bereichs der Kinder- und Jugendhilfe zu realisieren.

Handlungsbedarf

Hinsichtlich der auch von der Bundesregierung angestrebten Aufwertung und größeren gesellschaftlichen Anerkennung der Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe sieht die AGJ insbesondere folgenden Handlungsbedarf:

  • Eine tariflich abgesicherte Entlohnung für Fachkräfte, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten der Fach- und Hochschulen einzuführen, welche die Ausbildungs- und Arbeitsanforderungen adäquat einbezieht und ein sicheres Auskommen ermöglicht.
  • Eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kinder- und Jugendhilfe in Relation zu den mit ihr verbundenen gesellschaftlichen Zielen zu schaffen, sodass die Rahmenbedingungen der Arbeit nachhaltig verbessert werden und den Trägern ermöglicht wird, eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung zu gewährleisten.
  • Eine Arbeitszeitgestaltung zu ermöglichen, die zu einer besseren Ausbalancierung von arbeitsplatzbedingten Anforderungen und persönlichen Bedürfnissen bei der Gestaltung von Arbeitszeiten führt. Hierzu gehören wöchentliche Arbeitszeitvolumen, Arbeitszeitkonten, die Möglichkeit von Sabbaticals sowie der Einflussnahme auf die Gestaltung von Schichtdienstplänen und anderes mehr. Unbefristete Arbeitsverträge sollten hierbei die Regel sein, auch für Berufsanfängerinnen und -anfänger.
  • Eine ausreichende Anzahl an Ausbildungs- und Studienplätzen für die Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen, die generalistisch ausgerichtet sowie grundsätzlich für Auszubildende und Studierende kostenfrei sind. Mit der erforderlichen Aufstockung des Lehrpersonals verbunden ist die Notwendigkeit des Ausbaus der Studiengänge für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in der Fachrichtung Sozialpädagogik sowie die gezielte Nachwuchsförderung durch Promotions- und Habilitationsprogramme.
  • Die Praxisphasen während Ausbildung und Studium in den Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe systematisch und verlässlich abzusichern, indem Zeitressourcen für die Anleitung einkalkuliert sowie Anleiterinnen und Anleiter entsprechend qualifiziert werden.
  • Das Qualifikationsniveau der Fachkräfte an die konkreten Arbeitsanforderungen anzupassen sowie in die tariflichen Regelwerke entsprechend einzubetten. Dies umfasst die Einhaltung des Fachkräftegebots nach § 72 SGB VIII in allen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Einstufung von Koordinations-, Lehr- und Leitungsaufgaben auf Grundlage eines Hochschulabschlusses.
  • Berufliche Karriere- und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten in Trägerverant-wortung zu eröffnen sowie diese finanziell angemessen zu entlohnen.
  • Die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Qualifikationsniveaus zu gewähr-leisten und keinen „Sackgassenberufen“ Vorschub zu leisten.
  • Bestehende Forschungsdefizite in der Kinder- und Jugendhilfe durch die Bereit-stellung entsprechender Fördermittel gezielt abzubauen sowie in einen Ausbau der Forschungsinfrastruktur an den Hochschulen zu investieren. Hierzu gehört ebenso die Schaffung von fördernden Rahmenbedingungen zur Qualifizierung des wissen-schaftlichen Nachwuchses. Die genannten Bereiche sind dauerhaft und systematisch abzusichern.
  • Ein Gesamtkonzept zur Aufwertung und größeren gesellschaftlichen Anerkennung zu entwickeln, das alle Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe durchgängig einbezieht und den Fachkräftebedarf in einzelnen Handlungsfeldern nicht durch neu entstehende interne Konkurrenzen noch zusätzlich verstärkt.
  • Eine übergreifende Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen zu initiieren, um gemeinsam und einvernehmlich neue Lösungen und Verbesserungen im Bereich der Sozialen Berufe der Kinder- und Jugendhilfe zu entwickeln sowie diese zu realisieren. Die steuernde Funktion der Länder muss von diesen wahrgenommen werden. Die Kommunen müssen in ihren oft bemerkenswerten Anstrengungen entsprechende fachliche und finanzielle Unterstützung erfahren. Die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe darf nicht von der Kassenlage der jeweiligen Kommune abhängig sein.
  • Eine Öffentlichkeitsarbeit voranzubringen, die die gesellschaftlich überaus bedeutsamen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe mit Nachdruck herausstellt sowie die hohen Anforderungen an das Personal in diesem Bereich würdigt und auch fachfremden Personen verständlich macht.

Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen kann nach Meinung der AGJ eine ganzheitliche Aufwertung und ein Mehr an gesellschaftlicher Anerkennung für die Sozialen Berufe in der Kinder- und Jugendhilfe gelingen!

Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Berlin, 12./13. Dezember 2019

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Fußnoten

[1] Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge der Sozialen Arbeit, der Kindheitspädagogik und der Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik.
[2] Zum Beispiel OECD (2019): Providing Quality Early Childhood Education and Care: Results from the Starting Strong Survey 2018, TALIS. OECD Publishing, Paris. Online unter:  https://doi.org/10.1787/301005d1-en [Zugriff am 05.11.2019].
[3] Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land; Jugend- und Familienministerkonferenz (2018).
[4] Autorengruppe Kinder- und Jugendhilfestatistik (2018): Kinder- und Jugendhilfereport 2018. Eine kennzahlenbasierte Analyse. Opladen/Berlin/Toronto, S. 34.
[5] Destatis (2019): Ausgaben und Einnahmen der öffentlichen Jugendhilfe in 1000 Euro. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Kinderhilfe-Jugendhilfe/Tabellen/ausgaben-einnahmen-entwicklung.html;jsessionid=B2F7841720C8C9D1BC3F73854672754B.internet731 [Zugriff am 15.12.2019].
[6] Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2019): Zwischenruf zur Einführung verkürzter Ausbildungsgänge für frühpädagogische Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Zwischenruf der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ;
Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2018): Dem wachsenden Fachkräftebedarf richtig begegnen! Entwicklung einer Gesamtstrategie zur Personalentwicklung mit verantwortungsvollem Weitblick. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ.
[7] Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit/Fachbereichstag Soziale Arbeit (2016): Deutschsprachige Definition Sozialer Arbeit. Online unter: www.dbsh.de/fileadmin/redaktionell/bilder/Profession/20161114_Dt_Def_Sozialer_Arbeit_FBTS_DBSH_01.pdf [Zugriff am 22.10.2019].
[8] Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit: Berufsethik. Ethik in der Sozialen Arbeit. Online unter: https://www.dbsh.de/profession/berufsethik/ [Zugriff am 22.10.2019].
[9] Autorengruppe Kinder- und Jugendhilfestatistik (2018): Kinder- und Jugendhilfereport 2018. Eine kennzahlenbasierte Analyse. Opladen/Berlin/Toronto, S. 38.
[10] Autorengruppe Kinder- und Jugendhilfestatistik (2018): Kinder- und Jugendhilfereport 2018. Eine kennzahlenbasierte Analyse. Opladen/Berlin/Toronto, S. 34.
[11] Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2018): Dem wachsenden Fachkräftebedarf richtig begegnen! Entwicklung einer Gesamtstrategie zur Personalentwicklung mit verantwortungsvollem Weitblick.
[12] Deutscher Bundestag (1990): 8. Jugendbericht. Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe. Drucksache 11/6576, Bonn.
[13] Zum Beispiel Institut für Demoskopie Allensbach (2018): Erziehen als Beruf – Wahrnehmungen der Bevölkerung zum Berufsfeld Erzieherin/Erzieher. Befragung für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Averbeck (2019): Herausgeforderte Fachlichkeit. Arbeitsverhältnisse und Beschäftigungsbedingungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim/Basel.
[14] Vergleiche Averbeck (2019): Herausgeforderte Fachlichkeit. Arbeitsverhältnisse und Beschäftigungsbedingungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim/Basel.
[15] Vergleiche hierzu für die Arbeitsfelder:
- ASD: GEW https://www.gew-berlin.de/235_23435.php [Zugriff am 16.10.2019].
- KiTa: Bertelsmann https://www.laendermonitor.de/de/vergleich-bundeslaender-daten/personal-und-einrichtungen/personalschluessel/personalschluessel-ohne-leitungszeit/ [Zugriff am 16.10.2019].
[16] Vergleiche Averbeck (2019): Herausgeforderte Fachlichkeit. Arbeitsverhältnisse und Beschäftigungsbedingungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Weinheim/Basel.
[17] Techniker Krankenkasse (2015): Gesundheitsreport. Arbeitsunfähigkeiten. Online unter: https://www.tk.de/resource/blob/2034000/60cd049c105d066650f9867da5b4d7c1/gesundheitsreport-au-2018-data.pdf [Zugriff am 16.10.2019].
[18] Vergleich zum Beispiel Hochschule Bremen 2017/2018: 2.482 Bewerberinnen und Bewerber auf 80 Studienplätze:
 https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp19/land/drucksache/D19L1682.pdf [Zugriff am 05.11.2019];
Universität Duisburg-Essen 2019/2020: 2.623 Bewerberinnen und Bewerber, Studienplatzzahl unbekannt: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/studierendensekretariat/nc_192_ba.pdf [Zugriff am 05.11.2019]; TH Köln 2018/2019: 5.522 Bewerberinnen und Bewerber auf 320 Studienplätze: https://www.th-koeln.de/mam/downloads/deutsch/studium/bewerbung_zulassung/notendurchschnitte_im_bewerbungsverfahren_nc_20182.pdf [Zugriff am 05.11.2019].
[19] Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2018): Dem wachsenden Fachkräftebedarf richtig begegnen! Entwicklung einer Gesamtstrategie zur Personalentwicklung mit verantwortungsvollem Weitblick. Positionspapier. Berlin.
[20] Qualitätsoffensive Lehrerbildung. Online unter: https://www.qualitaetsoffensive-lehrerbildung.de/index.php [Zugriff am 22.10.2019].
[21] Vergleiche Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2019): Zwischenruf zur Einführung verkürzter Ausbildungsgänge für frühpädagogische Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe. Online unter: www.agj.de [Zugriff am 05.11.2019].
[22] European Commission/EACEA/Eurydice (2019): Key Data on Early Childhood Education and Care in Europe – 2019 Edition. Eurydice Report. Luxembourg: Publications Office of the European Union.
[23] Zum Beispiel: AGJ (2017): Forschungsbedarfe mit Blick auf Geflüchtete im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe Diskussionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ; Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2017): „Armut nicht vererben – Bildungschancen verwirklichen – soziale Ungleichheit abbauen!  Fünfter Armuts- und Reichtumsbericht: Konsequenzen und Herausforderungen für die Kinder- und Jugendhilfe“. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ.; Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ (2010): Gesundheitsförderung in der Kinder- und Jugendhilfe – Qualifizierung, Forschung, Fachkräfte. Diskussionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ.
[24] BMFSFJ (2018): Schwerpunktevorhaben 2018. Online abrufbar: https://www.deutscher-familienverband.de-/publikationen/fachinformationen/send/2-publikationen/230-schwerpunktvorhaben-bmfsfj-2019 (S. 6) [Zugriff am 01.10.2019].
[25] Bei insgesamt rund 35.000 ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern pro Jahr.